Erster direkter Nachweis
Forscher entdecken Sauerstoff auf der Venus

Sauerstoff ist für Menschen, Tiere und Pflanzen lebenswichtig. Viele Wissenschaftler sehen das Element daher als Bedingung für die Entstehung von Leben. Einem Forscherteam ist es nun gelungen, Sauerstoff auf der Venus nachzuweisen – von Leben fehlt aber jede Spur.
Publiziert: 08.11.2023 um 15:43 Uhr
Forscher haben auf der Venus Sauerstoff entdeckt.
Foto: imago images/StockTrek Images
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Wie genau sich auf einem Planeten Leben entwickelt, ist für Wissenschaftler noch weitgehend unklar. Fest steht aber: Sauerstoff (O₂) spielt dabei eine wichtige Rolle – zumindest auf der Erde. Rund 20 Prozent unserer Atmosphäre besteht aus dem Element, das eine Lebensgrundlage für die Pflanzen- und Tierwelt bildet.

Wissenschaftler aus Deutschland wollten überprüfen, ob Sauerstoff auch auf anderen Planeten vorkommt. Und zu allem Erstaunen fanden sie heraus: Das vermeintliche Lebenselixier gibt es auch auf der Venus. Dabei gleicht der Planet eher einem Glutnest. Mit Temperaturen von rund 450 Grad sowie einer dicken, giftigen Atmosphäre, die hauptsächlich aus Kohlendioxid (CO₂) besteht, ist der Planet alles andere als gastfreundlich.

Atmosphäre voller Sauerstoff

Wie der «Spiegel» berichtet, hat Sauerstoff auf der Venus daher auch eine andere Form. Wohingegen das Element auf der Erde in molekularer Form (O₂) mit je zwei gebundenen Atomen vorkommt, ist es auf der Venus atomar. Heisst: Die Atome sind einzeln. Diese instabile Form ist laut der Zeitung nur unter bestimmten Bedingungen möglich – so wie etwa in den hohen Schichten der Venusatmosphäre. Dort entsteht das Element durch chemische Reaktionen unter Lichteinfluss. 

Der Physiker Heinz-Wilhelm Hübers war an der Forschung beteiligt, die den Sauerstoff nachweisen konnte. Mit einem fliegenden Infrarot-Observatorium nahmen er und sein Team 17 Punkte der Venusatmosphäre unter die Lupe. Sowohl auf der Tag- als auch auf der Nachtseite des Planeten konnten sie das Element nachweisen und in Form von Spektrallinien sichtbar machen. Das Element war auf eine Höhe von rund 100 Kilometern konzentriert.

«Unsere Messungen sind ein Indiz dafür, dass sich der atomare Sauerstoff in einer Atmosphärenschicht über die gesamte Venus verteilt», sagt Hübers zur Zeitung. Im gleichen Atemzug betont er aber auch: «Von dieser Erkenntnis lässt sich nicht auf mögliches Leben schliessen.»

Für Forschende sind die Ergebnisse dennoch wertvoll, erklärt Astrophysikerin Miriam Rengel: «Dieser Sauerstoff sagt nichts über Leben auf der Venus aus. Das macht aber nichts! Denn er kann etwas anderes: Er öffnet ein neues Fenster, um die Zirkulation der Winde und die Dynamik der Atmosphäre zu untersuchen.» Laut der Wissenschaftlerin sei der Anhaltspunkt für solche Beobachtungen bislang der Stoff Kohlenmonoxid (CO) gewesen. «Nun haben wir einen Tracer mehr.»

Venus als natürliches Labor

Zudem verbindet sich Sauerstoff gerne mit anderen Elementen. Das erlaubt es Forschern, mehr über chemische Prozesse auf der Venus zu erfahren. «Indem wir ihm folgen, können wir herausfinden, wo und wann Moleküle gebildet werden.»

Die Astrophysikerin sieht Venus daher als eine Art «natürliches Labor», das Forschern ermöglicht, mehr über die Evolution von Planeten sowie die Entstehung von Leben zu lernen. «Sicher, wir sind daran interessiert, ausserhalb der Erde Leben zu finden. Aber spannend ist auch, erst einmal zu verstehen, unter welchen Bedingungen sich ein Himmelskörper überhaupt zu einem bewohnbaren Planeten formt – oder eben nicht.»

Mehrere Unternehmen planen, Sonden zur Venus zu senden, um nach Zeichen von Leben zu suchen. Rengel hält es aber für unwahrscheinlich, dass sie fündig werden: «Auch wenn ich nicht glaube, dass sich Spuren von Leben finden lassen, wünsche ich ihnen viel Glück.» (mrs)

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