Mohammed Ali Malek kaut nervös auf seinen Fingernägeln, während die Helfer unzählige Leichen an ihm vorbeitragen. Der Tunesier steht wie angewurzelt da, sein Blick ist leer.
Es sind die ersten Bilder, die den Todes-Kapitän zeigen. Entstanden sind sie wenige Stunden nach der grössten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Malek befindet sich an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache. Der 27-Jährige wartet darauf, in Malta von Bord gehen zu können. Zusammen mit seinem syrischen Komplizen Mahmud Bikhit (26) gehört er zu jenen 28 Menschen, welche das Schiffsunglück in der Nacht zum Sonntag überlebt haben.
Kurz darauf klicken die Handschellen. Die italienische Polizei nimmt den Todes-Kapitän und seinen Schmuggel-Partner in der Nacht auf heute fest. Die Staatsanwaltschaft wirft dem tunesischen Kapitän mehrfache fahrlässige Tötung, Menschenhandel, Schiffbruch und Begünstigung illegaler Einwanderung vor. Er wird sich vor einem Gericht dafür verantworten müssen. Seinem syrischen Komplizen wird nur Begünstigung illegaler Einwanderung vorgeworfen.
«Ich habe mich versteckt»
Malek hatte das Unglücks-Schiff auf Kollisionskurs mit dem Handelsschiff «King Jacob» geschickt, dass den in Seenot geratenen Flüchtlingen zur Hilfe geeilt war. Laut der italienischen Zeitung «La Stampa» sagte Malek (27): «Ich wollte nicht, dass die Besatzung der ‚King Jacob‘ mich am Steuer entdeckt. Deswegen habe ich mich versteckt und und bin zu nahe an die ‚King Jacob‘ geraten. Dann sind wir zusammengestossen.» Durch die Wucht des Zusammenpralls und die Verlagerung des Gewichts, war das Schlepper-Boot umgekippt.
Was geht im Kopf eines Mannes vor, der eine Mitschuld an der grössten Flüchtlingskatastophe im Mittelmeer trägt? 950 Menschen sind vermutlich an Bord des Unglücks-Boots gewesen, darunter 200 Frauen und etwa 50 Kinder. Die Schlepper sollen viele von ihnen unter Deck eingesperrt haben. Für sie wurde die vermeintliche Reise in ein besseres Leben zur Todesfalle.
Malek und Bikhit sind von anderen Überlebenden identifiziert worden. Was ihnen für eine Strafe droht, ist noch nicht bekannt. (vsc)