Elisabeth und ihre Kinder
Finden sie je ins Leben zurück?

Da ist Elisabeth Fritzl noch unter Menschen. Es ist das letzt Foto von ihr, bevor sie für 24 Jahre verschwindet.
Publiziert: 30.04.2008 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2018 um 21:21 Uhr
Von Myrte Müller

Sie ist wieder frei. Nie wieder Keller. Nie wieder Vergewaltigung und Misshandlung. Und doch: Wie frei ist Elisabeth Fritzl (42) wirklich? Werden sie und ihre Kinder je wieder glücklich werden und ein normales Leben führen?

Experten haben Zweifel. In verschiedenen Interviews erklären sie warum. «Die Opfer werden ihr Martyrium nie vergessen. Es wird eine jahrelange, intensive Betreuung nötig sein. Es bleibt unklar, ob sie jemals fähig sein werden zu arbeiten», sagt Psychologe Rainer Balloff.

Ein halbes Jahr Therapie für jedes Jahr Gefangenschaft, schätzt Kollege Klaus Neumann. Pädiatrie-Professor Gerhard Gaedicke fügt hinzu: «Isolation hat häufig zurückgebliebene Sprachentwicklung und mangelnde intellektuelle Fähigkeiten zur Folge».

Kriminologe Rudolf Egg wagt für Elisabeht Fritzl erst gar keine Prognose. «Es gibt einfach keine vergleichbaren Fälle.»

Doch nicht nur der seelische Schaden macht Sorgen. Da sind der jahrelange Lichtentzug und die enge des Raums. Zu wenig UV-Licht heisst Mangel an Vitamin D. Das führt zur Erweichung der Knochen und somit zu irreparablen Wachstums- und Haltungsschäden.

Hinzu käme der Bewegungsmangel, sagt Umweltmediziner Dennis Novak. Auch drohen den Kindern des Inzests Erbkrankheiten.

In der Nervenklinik Amstetten-Mauer wurde die Familie mittlerweile zusammengeführt. Elisabeth Fritzl, die beiden Kellerkinder und ihre drei Geschwister, die «normal» aufwachsen durften, sind in eine Art abgeschottetem Container untergebracht.

Die 19-jährige Tochter Kerstin liegt noch auf der Intensiv-Station. «Wir müssen sehr behutsam mit ihnen umgehen», sagt der medizinische Leiter Berthold Kepplinger. Die Kinder hätten bei der erste Begegnung mit ihren «neuen» Geschwistern verstört und verängstigt reagiert. Den beiden Kellerkindern gehe es den Umständen entsprechend gut. Kepplinger ist zuversichtlich. «Wir glauben, dass wir langsam die Mutter und die Kinder an das öffentliche Leben heranführen können».

«Solche Typen zeigen keine Reue»
«Elisabeth hat überlebt, weil sie sich gefühlsmässig in eine Vollnarkose versetzen konnte», sagt Trauma-Psychologe Christian Lüdke.

BLICK: Was waren Ihre ersten Gedanken, als sie vom Fall erfahren haben?
Christian Lüdke: Ich war keineswegs überrascht. Wir hatten ja den «Fall Kampusch». Entsetzt war ich aber über die Dimension des Falls. Über das für die Opfer äusserst lange Martyrium. Über den Einblick in den tiefen Abgrund des Täters. Fasziniert hat mich hingegen, wie die Opfer im Verlies überlebten.

Warum zeigt der Täter keine Reue?
Er hat eine hohe kriminelle Energie. Er ist völlig asozial, zeigt keine Gefühle. Solche Typen zeigen keine Reue.

Vom Vater geschwängert: Wie gehen Opfer damit um?
Das ist eine der schlimmsten Demütigungen, die eine Frau erfahren kann. Es gibt eine Redewendung: Kämpfe, fliehe oder erstarre. Elisabeth ist erstarrt. Sie war in der Lage, sich gefühlsmässig in eine Vollnarkose zu versetzen.

Jahrelang eingeschlossen in einem Kellerverlies: Wie kann ein Mensch dies verarbeiten?
Elisabeth lebte in einer eigenen Welt, in der sich gewisse Rituale eingespielt haben. Sie konnte sich damit offenbar arrangieren. Ich bin mir sicher, dass sie das Zeitgefühl verloren hat. Wenn man sie fragen würde, wie lange sie im Kellerverlies eingesperrt war, sie würde mit Sicherheit weniger als 24 Jahre sagen.

Drei der Kinder holte der Täter aus dem Kellerverlies. Jetzt erfahren auch sie die Wahrheit.
Sie erfahren, das der vermeintliche Grossvater ihr Vater ist. Das löst Ekel, Wut und Zorn aus. Es könnte auch zu Schuldgefühlen kommen. Warum hat er gerade uns und nicht die andern aus dem Keller befreit
«Elisabeth hat überlebt, weil sie sich gefühlsmässig in eine Vollnarkose versetzen konnte», sagt Trauma-Psychologe Christian Lüdke.

BLICK: Was waren Ihre ersten Gedanken, als sie vom Fall erfahren haben?
Christian Lüdke: Ich war keineswegs überrascht. Wir hatten ja den «Fall Kampusch». Entsetzt war ich aber über die Dimension des Falls. Über das für die Opfer äusserst lange Martyrium. Über den Einblick in den tiefen Abgrund des Täters. Fasziniert hat mich hingegen, wie die Opfer im Verlies überlebten.

Warum zeigt der Täter keine Reue?
Er hat eine hohe kriminelle Energie. Er ist völlig asozial, zeigt keine Gefühle. Solche Typen zeigen keine Reue.

Vom Vater geschwängert: Wie gehen Opfer damit um?
Das ist eine der schlimmsten Demütigungen, die eine Frau erfahren kann. Es gibt eine Redewendung: Kämpfe, fliehe oder erstarre. Elisabeth ist erstarrt. Sie war in der Lage, sich gefühlsmässig in eine Vollnarkose zu versetzen.

Jahrelang eingeschlossen in einem Kellerverlies: Wie kann ein Mensch dies verarbeiten?
Elisabeth lebte in einer eigenen Welt, in der sich gewisse Rituale eingespielt haben. Sie konnte sich damit offenbar arrangieren. Ich bin mir sicher, dass sie das Zeitgefühl verloren hat. Wenn man sie fragen würde, wie lange sie im Kellerverlies eingesperrt war, sie würde mit Sicherheit weniger als 24 Jahre sagen.

Drei der Kinder holte der Täter aus dem Kellerverlies. Jetzt erfahren auch sie die Wahrheit.
Sie erfahren, das der vermeintliche Grossvater ihr Vater ist. Das löst Ekel, Wut und Zorn aus. Es könnte auch zu Schuldgefühlen kommen. Warum hat er gerade uns und nicht die andern aus dem Keller befreit
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