Eindeutige Beweise für Aufenthalt
Liebesbriefe, Ausweise und Graffiti verraten Schlächter von Butscha

Während ukrainische Staatsanwälte nach den Tätern von Butscha fahndet, bestreitet Russland das Massaker. Nun tauchen aber eindeutige Beweise für deren Aufenthalt in Butscha auf.
Publiziert: 06.05.2022 um 20:19 Uhr
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Die russischen Soldaten, die am Massaker in Butscha beteiligt waren, haben eindeutige Spuren hinterlassen.
Foto: Twitter

Als sich die russischen Truppen Ende März aus Butscha, einem Vorort der ukrainischen Hauptstadt Kiew, zurückzogen, hinterliessen sie für alle Welt sichtbare Spuren ihrer tödlichen Besetzung. Leichen lagen auf den Strassen. Häuser wurden in Schutt und Asche gelegt. Ein Feld in der Nähe der Kirche der Stadt war zu einem Massengrab geworden.

Schnell identifizierten ukrainische und internationale Staatsanwälte die Soldaten der 64. Schützenbrigade als Verantwortliche und fahndeten öffentlich nach zehn Soldaten. Die Nachrichtenagentur Reuters hat in Butscha nun Hinweise für den Aufenthalt weiterer russischer Truppen gefunden.

Liebesbriefe und Instagram-Accounts verraten Elite-Soldaten

Ein russischer Soldat, der sich während der Gräueltaten in Butscha aufhielt, hinterliess demnach einen eindeutigen Hinweis auf seine Identität: seinen Instagram-Namen, «Wolf_68», der an die Wohnzimmerwand eines ukrainischen Zivilisten gesprüht worden war. Das Haus soll nach Angaben eines Bewohners während dieser Zeit von russischen Soldaten besetzt gewesen sein.

Wie Reuters herausfand, war der Soldat ein Mitglied der russischen Elite-Fallschirmjäger, der 76. Luftlandedivision. Und er war nicht der einzige der Gruppe, der offensichtliche Spuren in Butscha hinterliess: Ein Anwohner des Vororts fand nach dem Abzug der russischen Truppen einen Liebesbrief, der an einen der Soldaten gerichtet war.

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In dem handgeschriebenen Brief sorgte sich die Partnerin des Soldaten um seine Sicherheit und fragte: «Wie ist es dort? Es ist gut, dass du nah bist, nah in meinem Herzen, aber du bist weit weg, dienst unserem Vaterland und beschützt uns. Ich bin stolz auf dich!», schrieb sie, küsste die Unterseite des Briefes und hinterliess einen Abdruck ihres Lippenstiftes.

Reuters machte die Freundin in der westrussischen Region Pskow ausfindig, wo die 76. Luftlandedivision stationiert ist. Die Division ist in Russland für ihre brutalen Schlachten bekannt, die sie vor zwei Jahrzehnten gegen tschetschenische Rebellen führten und in der sie Hunderte von Männern verlor. Sie bestätigte, den Brief gesendet zu haben.

Mehrere Eliteeinheiten in Butscha-Massaker verwickelt

Ukrainische Soldaten zeigten einen russischen Ausweis, den sie nach eigenen Angaben aus einem Haus geholt hatten. Der Ausweis bescheinigte seinem Inhaber, dass er einen Kurs für den Umgang mit Telekommunikationsgeräten absolviert hatte. Sie wurde am 7. Dezember 2021 auf einen Unteroffizier ausgestellt und wies diesen als Mitglied der Militäreinheit 3179 aus, die zu den russischen Sicherheitskräften von Wityaz gehört.

Diese sind Teil der Nationalgarde Rosgvardiya, die Putins ehemaligem Leibwächter Zolotov unterstellt ist. Dieser wurde im März auf eine US-Sanktionsliste gesetzt, weil seine Truppe angeblich zur Unterdrückung abweichender Meinungen in den besetzten Gebieten der Ukraine beiträgt und gegen Russen vorgeht, die sich dem Krieg widersetzen.

Russisches Militär äussert sich nicht zu Vorwürfen

Reuters fand noch weitere Beweise für die Anwesenheit von Fallschirmjägern. In einem Dokument, das ein Anwohner aus einem Haufen verlassener Mörsergranaten in der Wodoprowidna-Strasse in Butscha entdeckte, hiess es, die Mörser seien von Offizieren der russischen Einheit 74268 überprüft worden.

Ein anderer Anwohner übergab Reuters eine Liste von Funkrufzeichen, die in einer anderen Strasse gefunden wurden. Dem Dokument zufolge wurden die Rufzeichen – eindeutige Codebezeichnungen für Funkübertragungen – vom 104. Luftangriffsregiment verwendet, das laut der Website des russischen Verteidigungsministeriums ebenfalls zur 76. Luftlandivision gehört.

Das russische Militär hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäussert. (chs)

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