Wenn sogar er es sagt, muss es ernst sein. «Es scheint fast unmöglich, dass wir im Frühjahr kein Szenario mit erhöhten Infektionsfällen bekommen», warnte Schwedens Staatsepidemiologe Anders Tegnell (64) laut dem schwedischen Fernsehen bei einer Pressekonferenz. Die dritte Welle sei unvermeidlich, «wenn die britische Virusvariante übernimmt».
Die aussergewöhnlich eindringliche Warnung kommt, nachdem Schwedens Infektionszahlen die dritte Woche in Folge gestiegen sind. Aktuell liegt die tägliche Anzahl der Fälle bei rund 38 pro 100'000 Einwohner – zum Vergleich: In der Schweiz sind es nur rund 12.
Die schwedischen Gesundheitsbehörden schätzen, dass sich die Situation in den nächsten drei Monaten massiv verschärfen könnte, weil die britische Variante 50 Prozent ansteckender sei und die Menschen aufgrund des Frühlingsbeginns und möglicher Lockerungen mehr andere Menschen treffen.
Tegnell warnt vor doppelt so grosser Welle
Erst Anfang der Woche hatte Schweden seine Corona-Massnahmen verschärft – seit dem 1. März dürfen Cafés, Bars und Restaurants nur noch bis 20.30 Uhr öffnen. Auch die Anzahl von Kunden in Fitnessstudios und Geschäften wurde begrenzt. Schulen sind nach wie vor offen, und das Tragen von Masken ist selbst im ÖV keine Pflicht.
«Wenn wir mit dem Frühling eine höhere Kontaktintensität erhalten als jetzt, wird die nächste Welle fast doppelt so gross sein wie die Welle, die wir vor Weihnachten hatten», sagte Anders Tegnell über die Berechnungen der Behörden.
Auch die ähnlich schnell wie in der Schweiz angelaufene Impfkampagne verändere erst mal kaum etwas an den hohen Fallzahlen. «Impfungen werden das Risiko schwerer Krankheiten und Todesfälle verringern, aber keinen besonders grossen Einfluss auf die Ausbreitung von Infektionen in den nächsten drei Monaten haben», sagte der Staatsepidemiologe.
«Wir haben drei gute Impfstoffe»
In Schweden sind pro 100 Einwohner aktuell 7,9 Impfdosen verabreicht, vollständig geimpft sind 2,7 Prozent der Bevölkerung. In der Schweiz sind es 9,4 Dosen pro 100 Einwohner und 3 Prozent vollständig Geimpfte.
So eindringlich, wie Tegnell vor der dritten Welle warnte, warb er bei der Pressekonferenz auch für die Corona-Impfung. Es sei wichtig, dass jeder, dem ein Impfstoff angeboten werde, diesen auch annehme.
«Wir haben drei gute Impfstoffe. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Sie einen besseren Impfstoff erhalten, wenn Sie warten», sagte er. In Schweden ist neben den Vakzinen von Biontech/Pfizer und Moderna auch der Impfstoff von Astrazeneca zugelassen, der trotz hoher Wirksamkeit mit Imageproblemen kämpft. (kin)