Dritter Gaddafi-Sohn
Koffer voller Geld, Kokain und ein Mann im Bett

Nicht viele kennen Saadi Gaddafi (37) so gut wie sie: Denn der Libyer machte der bulgarischen Tänzerin lange den Hof. Jetzt erzählt Dafinka Mirchewa von der wilden Zeit mit dem Diktatoren-Sprössling.
Publiziert: 08.03.2011 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:04 Uhr
Auf Safari mit Gaddafi: Dafinka und Saadi.
Foto: Dukas
Von Ann Guenter

«Er sass da, in einem weissen Anzug und aufgehellten Haaren und starrte mich an», erzählt Dafinka Mirchewa, die im Mai 2004 noch als «Nikki» im Pariser Nachtklub «Pink Paradies» tanzte. Saadi Gaddafi (37) bot der Bulgarin 1000 Pfund (1500 Franken) an, damit sie sich eine Stunde zu ihm setzte. Es war der Beginn eines langen Balzrituals.

Saadi flog alle paar Wochen nach Paris, um der Tänzerin den Hof und viele Liebesschwüre zu machen. Damals war er Profifussballer. Er war unter anderem Perugia, Juventus Turin und Sampdoria Genua verpflichtet. Doch sein Können hielt sich in Grenzen. Saadi blieb Ersatzbank-Spieler. Aber in Paris bei Dafinka vergass er seinen Frust.

Dafinka: «Er mietete zwei schwarze Limousinen. Ein Team von Bodyguards begleitete ihn immer. Er reservierte jeweils im Edelhotel ‹George V.› eine Suite. Die kostete um die 3500 Pfund (rund 5300 Franken) pro Nacht.»

Liebesbriefe, Schmuck und Antrag …


Ein Jahr lang hofierte der Libyer die Bulgarin. Schrieb ihr Liebesbriefe in krakeliger Schrift («Ich fliege mit Flügeln der Liebe zu dir. Ich möchte dieses Gefühl nicht missen. Du hast mein Innerstes berührt.») Schenkte ihr Schmuck im Wert von 20‘000 Pfund (über 30‘000 Franken). Und ging schliesslich nach eineinhalb Jahren aufs Ganze: «Er fragte mich, ob ich ihn heirate. Und er sagte mir, dass sein Vater dies ganz sicher nicht gutheissen würde. Aber er würde sich darüber hinwegsetzen. Das war der Zeitpunkt, an dem sich meine Gefühle für Saadi Gaddafi entwickelten.»

Im Oktober 2005 gab die Tänzerin schliesslich nach und liess sich auf den Herrschersohn ein.
Saadi machte seiner Dafinka weiter teure Geschenke. Er überwies ihr 50‘000 Euro (rund 65‘000 Franken) oder kaufte ihr eine Uhr im Wert von 25‘000 Pfund (37‘700 Franken). Doch gleichzeitig begann Saadi auch, sich von einer anderen Seite zu zeigen. «Er kam weniger nach Paris. Wenn er mich besuchte, blieben wir im Hotel, und er betrank sich.»

… aber kein Sex

Dafinka betont: «Wir haben uns geküsst und im gleichen Bett geschlafen, aber wir hatten nie Sex miteinander! Ich wollte nicht, denn ich nahm immer an, dass er mit vielen Frauen schläft. Ich behielt immer etwas Restdistanz. Das machte ihn wahnsinnig.»

Sohnemann Gaddafi verfügte über immensen Reichtum: Laut Dafinka standen in seinem Hotelzimmer schwarze Lederkoffer voller Cash herum. «Er konnte einfach 150‘000 Pfund (226‘000 Franken) aus dem Ärmel ziehen.» Auf den Preis habe der Libyer nie geachtet. Für ein Abendessen habe er gerne 10‘000 Pfund (15‘000 Franken) springen lassen.

Lammracks, Kokain und Männer im Bett


Mitten in der Nacht würde Saadi betrunken im Hotelzimmer Musik hören – «50 Cent war sein Lieblingsrapper» – Vampir-Filme schauen oder jemanden losgeschickt, um rohe Lammracks zu besorgen. «Diese kochte er dann selbst im Zimmer».

Saadis behandelte seine libyschen Bediensteten nicht gut. «Es kam vor, dass er sie schlug und wie Sklaven behandelte. Dann wieder sah er einen Bettler auf der Strasse in Paris. Er nahm ihn mit sich und bewirtet den Mann fürstlich», erzählt Tänzerin Dafinka.

Diktatoren-Sohn Saadi hat zwei Gesichter. Und offenbar auch zwei Neigungen: «Einmal besuchte ich ihn in seinem Hotel. Er schlief – mit einem Mann. Soweit ich sah, war keiner von beiden bekleidet, zumindest oben.» Dafinka zufolge gehörten auch Drogen, besonders Kokain, zum Lebensstil des Libyers.

Saadi Gaddafi – verwöhnter, reicher, launischer Herrschersohn einerseits, andererseits «verspielt, lustig und kindlich». Er habe Disneyland geliebt und immer wieder seine Freunde dorthin eingeladen.

Saadi glaubte seinem Vater

Der Libyer habe sie immer stärker zu einer Heirat gedrängt, sagt die bulgarische Tänzerin. «Ich stellte ihm ein Ultimatum. Sorge dafür, dass die bulgarischen Krankenschwestern freikommen, und ich überlege es mir!»

Muammar al-Gaddafi hatte 1999 sechs bulgarische Krankenschwestern verhaften lassen. Der Vorwurf: Die Frauen hätten Kinder in Libyen absichtlich mit dem HIV-Virus angesteckt. «Jeder wusste, dass das nicht stimmte. Doch Saadi schien das wirklich zu glauben», so Dafinka. «Saadi versprach mir, dass die Frauen im Verlaufe des Jahres freikommen sollten. So war es denn auch. Ob wegen mir, weiss ich nicht.»

Dafinka erzählt weiter: «Letzten November habe ich ihn das letzte Mal gesehen. Er war launisch und weigerte sich, mit mir zu reden. Keine Ahnung, wieso. Angesichts der Ereignisse in Libyen erwarte ich nicht, jemals wieder von ihm zu hören.»

Sie fügt an: «Mit dem Aufstand in Libyen hat Saadi nichts zu tun. Das geht alles auf seinen Vater zurück, er hat all die Schäden angerichtet.»

Heute ist Saadi mit der Tochter eines libyschen Militärkommandanten verheiratet. In einem Interview mit der «Financial Times» hatte er letzte Woche erklärt, Libyen sei «zu 85 Prozent sehr ruhig» und es seien «nur wenige Menschen» bei den aktuellen Aufständen gestorben. Später erklärte er, sollte sein Vater abtreten, würde in Libyen ein Bürgerkrieg ausbrechen.

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