Drama im Schullager
Lehrer ertrinkt am Strand

Heute fliegt die Basler Klasse aus Kreta zurück. Einer fehlt: ihr Lehrer Reinhard G. (†58). Er ertrank im Meer.
Publiziert: 24.09.2009 um 09:39 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:23 Uhr
Von Jan Fischer und Ralph Donghi

Am Sonntagabend steigt Zeichnungslehrer Reinhard G.* am Strand von Malia ins Wasser, direkt vor dem Hotel. Er will noch einen Schwumm machen, bevor er sich zum Znacht mit seiner Klasse trifft. Das Mittelmeer wirft hohe Wellen.

Es ist der vierte Tag ihrer Studienreise auf Kreta: 13 Schülerinnen und 7 Schüler (18- bis 20-jährig) sowie zwei Lehrer der Fachmaturitätsschule Basel FMS verbringen eine Woche auf der griechischen Insel.

Beim Essen warten die Schüler vergeblich auf ihren Zeichnungslehrer. Reinhard G. kommt vom Schwimmen nicht zurück: Er ist in den Fluten ertrunken.

Noch am selben Abend entdecken Surfer die Leiche des Lehrers, sie wurde an den Strand gespült. Der zweite Lehrer identifiziert seinen Kollegen anhand der Polizeifotos, berichtet die «Basler Zeitung».

«Wir gehen von einem schrecklichen Unfall aus», sagt FMS-Rektor Roland Widmer (52) in Basel mit Tränen in den Augen. «Er war bei Schülern und Kollegen sehr beliebt und angesehen.»

Auf Kreta sind die Schüler überwältigt vom Tod ihres Lehrers. Sie wollen sofort heimreisen – und nicht wie geplant erst heute. Doch es gibt nicht genug Plätze im gleichen Flugzeug. Rektor Widmer: «Die Klasse soll die Trauer gemeinsam vor Ort verarbeiten können.» So geschieht es am Dienstagabend in Malia: «Sie sind mit Fackeln an den Unglücksstrand gegangen und haben ihres Klassenlehrers gedacht», schildert Widmer.

Jeder Schüler hat einen Brief an Reinhard G. mit persönlichen Zeilen dabei. In einer Zeremonie verbrennen sie die Papierbögen und streuen die Asche ins Meer. Ein würdiger Abschied von Lehrer G., der östliche Philosophien studiert und praktiziert hatte.

Im Schulhaus in Basel steht ein Traueraltar für den Ertrunkenen. Drei weisse Kerzen. In einem Kondolenzbuch haben sich Klassen und Kollegen eingetragen. Einige Schüler haben Herzchen gezeichnet. Andere schreiben: «Mir fehlen die Worte für das Unvorstellbare.»

* Name der Redaktion bekannt

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