Trump hat von Corona-Pressekonferenzen die Nase gestrichen voll
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«Mühe nicht wert»:Trump hat von Corona-Pressekonferenzen die Nase gestrichen voll

«Die Zeit und Mühe nicht wert»
Trump hat von Corona-Pressekonferenzen die Nase gestrichen voll

Sie sind zum täglichen Ritual geworden, die Pressekonferenzen von US-Präsident Trump zur Coronakrise. Angesichts «feindseliger» Fragen von Medien platzt ihm nun offenbar der Kragen. Ist Schluss mit den Briefings? Doch kann Trump auf die tägliche Bühne verzichten?
Publiziert: 26.04.2020 um 01:07 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2020 um 18:00 Uhr

US-Präsident Donald Trump stellt seine regelmässigen Pressekonferenzen in der Corona-Krise offenbar auf den Prüfstand. Am Samstagabend, zur sonst üblichen Briefing-Zeit, meldete sich der US-Präsident nicht vom Rednerpult zu Wort, sondern per genervtem Tweet: Was habe es für einen Zweck, Pressekonferenzen im Weissen Haus abzuhalten, wenn die Medien «nichts als feindselige Fragen stellen und sich dann weigern die Wahrheit oder Fakten genau zu berichten», schrieb Trump am Samstagabend (Ortszeit) auf Twitter.

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Medien hätten «Rekord-Einschaltquoten und das amerikanische Volk bekommt nichts als Fake News», so der US-Präsident. Das sei den Aufwand nicht wert. Ob sein Tweet bedeutet, dass er künftig keine Pressekonferenzen mehr zur Corona-Krise halten möchte, war unklar. Am Samstag gab es kein solches Briefing. Auch für Sonntag wurde kein Briefing angekündigt.

Trump hat seit Mitte März fast täglich Pressekonferenzen abgehalten, die teilweise länger als zwei Stunden dauerten. Journalisten konnten ihm dabei ausführlich Fragen stellen. Wegen verbaler Attacken auf einige Medienvertreter, umstrittener, teils falscher Aussagen und viel Eigenlob handelte sich Trump zunehmend Kritik für seine Auftritte ein.

Desinfektionsmittel-Fauxpas

Möglich, dass Trump damit den Kopf aus der Desinfektionsmittel-Kontroverse zu ziehen versucht. Am Donnerstag hatte er bei der Pressekonferenz Forscher ermuntert, Möglichkeiten zu prüfen, Menschen im Kampf gegen das Virus direkt Desinfektionsmittel zu spritzen. Damit löste er breite Empörung aus. Am Freitag versuchte er, seine Äusserungen einzufangen, und sagte, diese seien nur «Sarkasmus» gewesen.

Tatsächlich war kein Anflug von Sarkasmus zu sehen, als Trump die Möglichkeit einer Desinfektionsmittel-Injektion erwog. Infolge der Äusserungen von Trump hat beispielsweise die Giftzentrale im US-Bundesstaat Illinois eine Zunahme an Notrufen verzeichnet. In den vergangenen zwei Tagen habe es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen «signifikanten Anstieg» der Anrufe im Zusammenhang mit Reinigungsmitteln gegeben, sagte Ngozi Ezike, Direktorin des Gesundheitsamtes.

Zum Beispiel sei mit einer Mischung aus Bleichmittel und Mundwasser gegurgelt worden, «in einem Versuch, das Coronavirus zu töten». Ezike warnte eindringlich vor der Einnahme von Haushaltsreinigern.

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Trumps Höhepunkt des Tages

Aber kann Trump tatsächlich auf die tägliche Bühne verzichten? Der Alltag des Präsidenten ist durch die Corona-Krise auf den Kopf gestellt. Er ist im Weissen Haus gefangen. Besucher aus dem Ausland kann er nicht empfangen, Ausflüge zu seinem Anwesen in Florida sind unmöglich, der Golfplatz ist ebenfalls tabu. Die «New York Times» schrieb zuletzt, die Pressekonferenz sei der einzige Teil des Tages, auf den Trump sich freue - «obwohl sogar Republikaner sagen, dass die zweistündigen politischen Angriffe, Klagen und Unwahrheiten des Präsidenten ihm politisch schaden».

Trump betrachte die Briefings Beratern zufolge als Prime-Time-Shows, die für ihn der beste Ersatz für die gigantischen Wahlkampfveranstaltungen seien, aus denen er sonst Energie zieht und die in Corona-Zeiten nicht möglich sind.

«Wir haben eine enorme Zahl an Zuschauern», jubelte der Präsident kürzlich. Ein anderes Mal schrieb er bei Twitter, die Einschaltquoten bei seinen Briefings machten selbst die Produzenten beliebter Fernsehshows neidisch. Die Veranstaltungen garantierten stets Nachrichten, stiessen aber von Anfang an auf viel Kritik.

US-Präsident ungekürzt und ungefiltert

Die «New York Times» forderte kürzlich in einem Kommentar, die Pressekonferenzen nicht mehr live zu senden. Auch andere Kritiker Trumps haben sich dafür ausgesprochen. Die Live-Übertragungen grenzten an «journalistisches Fehlverhalten», schrieb die Zeitung. «Alles, was ein Präsident tut oder sagt, sollte dokumentiert werden. Aber alles ungefiltert zu senden, ist faul und unverantwortlich.»

Trump habe die Wahl 2016 auch dadurch gewonnen, dass er den Hunger der Medien nach Zuschauerzahlen und Klicks ausgenutzt habe. «Das passiert alles wieder. Die Medien haben nichts gelernt.» Andere argumentierten, Trump rede sich bei den Briefings um Kopf und Kragen und schmälere damit seine Wiederwahlchancen. Nun ist es womöglich er selbst, der dem Spektakel ein Ende bereitet. ((kes/SDA)

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