«Töggelen» ist kein Problem, solange dabei nicht um Geld gespielt wird – und solange die Tischfussball spielenden Männer dabei keine westliche Kleidung tragen.
Frauen dürfen eine Kalaschnikow auf sich tragen. Aber nur, wenn der Waffengürtel ihren Körper nicht betont.
Solche Regeln organisieren das Leben in den von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beherrschten Gebieten im Irak und in Syrien. Ein Twitter-Nutzer verbreitete die sogenannten Fatwas weiter, die der US-amerikanische Terrorismus-Experte Cole Bunzel für echt hält.
Bei Fatwas handelt es sich um Rechtsgutachten eines islamischen Geistlichen, in denen festgestellt wird, ob eine Handlung mit den Grundsätzen des islamischen Rechts vereinbar ist.
Die Fatwas sollen die Probleme des IS lösen
Auf der Dschihadismus-Überwachungswebseite Jihadica.com hat Bunzel die Fatwas übersetzt. «Darin sind viele Informationen enthalten, die auch die Probleme zeigen, die der IS bekommen hat», erklärt er.
Denn die Terrormiliz ist stark gewachsen. Die US-Regierung geht davon aus, dass sich 31'500 Kämpfer den Dschihadisten angeschlossen haben, rund 20'000 von ihnen aus dem Ausland.
So beschäftigen sich gleich vier Regeln mit dem Kommen und Gehen im Möchtegern-Kalifat. Grundsätzlich scheint zu gelten: Gehen geht nicht. So ist es verboten, Reisepässe auszustellen, die ihren Inhabern ermöglichen, die IS-Zone zu verlassen.
Eine andere Regel besagt, dass Frauen von islamistischen Kämpfern das Gebiet nicht verlassen dürfen.
«Viele wollen wieder gehen»
«Es ist nicht gerade ein Zeichen von Stärke, dass der IS so viele Fatwas braucht, um das Verlassen des Territoriums zu verhindern», sagt Terror-Analyst J.M. Berger «NBC News». «Das deutet daraufhin, dass es viele gibt, die das IS-Land gerne wieder verlassen möchten.»
Für die Experten ist klar: Die Fatwas sind ein Zeichen dafür, dass der IS um jeden Preis Terror und Brutalität mit einer harten Auslegung von religiösen Schriften zu rechtfertigen versucht.
So erklärt eine Regel, dass es durchaus erlaubt sei, Gefangene bei lebendigem Leib zu verbrennen. Die Fatwa wurde am 20. Januar veröffentlicht – zwei Wochen später tauchte ein Video von der Verbrennung eines gefangenen jordanischen Kampfpiloten auf.
Beim Billard bitte nicht fluchen
Dann gibt es Rechtsauskünfte, die sich mit profanen Themen wie Steuern auseinandersetzen. Oder mit belustigenden. Zum Beispiel Billard. Das ist nämlich erlaubt, solange dabei nicht geflucht wird oder um Geld gespielt.
Für Jihadica-Gründer und -Redaktor Will McCants ist das ein Zeichen dafür, dass der IS seine Zehntausenden Kämpfer bei Laune halten will. «Da gibt es viele junge Leute, darum kann Tischfussball oder Billard nicht verboten werden. Sonst hat es dort bald viele gelangweilte junge Männer mit Gewehren.»
Knallharte Regeln für die Frauen
Am härtesten trifft es aber die Frauen. Die dürfen sich zum Beispiel nur bei Ärztinnen behandeln lassen. Laut einer Fatwa dürfen Frauen nicht mit einem männlichen Arzt alleine sein.
Eine Krankenschwester darf nicht mit einem Arzt in einem Büro zusammenarbeiten, wenn es dort nicht noch andere Frauen gibt.
Ausserdem müssen sich die Frauen im IS-Gebiet bedecken, und zwar «am ganzen Körper und an den Händen», heisst es in einer Fatwa. Die Kleidung muss dabei «locker sitzen».
Frauen dürfen sich den Regeln zufolge auch nicht zusammen mit Männern aufhalten oder in vollen Autos mit Männern mitfahren. (eg)