Herr Träger, Kanzlerin Merkel und Innenminister De Maizière wählten deutliche Worte: Die AfD habe weder ein politisches Konzept noch Lösungskompetenz, warnten sie kürzlich. Dennoch feiern die Rechtspopulisten nun in allen drei Bundesländern teilweise unerwartete Erfolge. Wie konnte es dazu kommen?
Für eine Mehrheit der AfD-Wähler ist es offenbar ziemlich unerheblich, ob die AfD ein Konzept hat oder nicht. Es handelt sich um Protestwähler, die den Parteien einen Denkzettel verpassen wollten. Zudem finden sich unter den AfD-Wählern auch einige Konservative, die von der Politik der Union enttäuscht sind. Man muss sich klarmachen, dass die CDU unter Merkel klar nach Mitte-Links gerutscht ist, womit im konservativen Bereich ein Vakuum entstand. In dieses ist die AfD nun eingedrungen.
Ganz besonders triumphiert hat die AfD in Sachsen-Anhalt. Mit fast einem Viertel der Stimmen holt die Partei mehrere Prozentpunkte mehr als sämtliche Umfragen vorhersahen. Weshalb dieses deutliche Plus?
Die Partei hat insbesondere extrem viele Nicht-Wähler von sich überzeugen können. Sie kann man erst in den letzten Tagen vor einer Wahl richtig aktivieren – was der AfD gelungen zu sein scheint.
Was bedeuten die Ergebnisse für Merkel?
Nun, ich glaube nicht, dass die Niederlage zu einer erheblichen Kurskorrektur der CDU führen wird. Merkel würde schlichtweg ihre Glaubwürdigkeit verspielen. Und dass man personelle Konsequenzen ins Auge fassen wird, kommt nicht in Frage. Die Kanzlerin ist in der CDU einfach vollkommen alternativlos. Es gibt zurzeit niemanden, der für die CDU die Wahlen gewinnen könnte. Hinzu kommt, dass vor allem auch das ungeschickte Agieren der Spitzenkandidaten auf Landesebene zum schlechten Abschneiden der Christdemokraten beigetragen haben dürfte. Man fuhr einen Schlingerkurs, indem man Merkels Flüchtlingspolitik kritisierte, sich dann aber doch nicht deutlich von ihr abgrenzen wollte. Eine Taktik, die nicht aufging.
Im kommenden Jahr werden auf nationaler Ebene Wahlen stattfinden. Wird die AfD dann auch in den Bundestag ziehen?
Die Wahlen heute haben gezeigt, dass die AfD für die etablierten Parteien eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellt – und noch grosses Potential hat. Es ist deshalb durchaus möglich, dass die AfD auch auf Bundesebene ein zweistelliges Resultat erzielen wird.
Das heisst konkret?
Um die zehn Prozent Wähleranteil halte ich für denkbar. Dafür gibt es allerdings zwei Bedingungen: Erstens, dass die Flüchtlings- oder Integrationspolitik weiterhin das dominierende Thema darstellt – was durchaus möglich ist. Und zweitens, dass sich die verschiedenen Strömungen in der Partei zur Bundestagswahl nicht zerstreiten. Die AfD hat sich in den drei Jahren seit ihrer Gründung schon mehrmals gewandelt. Gerade deshalb halte ich bei dieser Partei einiges für möglich.