Neuer Konfliktstoff zwischen Deutschland und der Türkei: Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat Ankara offen bei der Bewertung des Putschversuchs vom vergangenen Sommer widersprochen.
Er sehe keine Anzeichen dafür, dass die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen dahinter stecke, sagte Kahl dem Nachrichtenmagazin «Spiegel«.
Von der türkischen Regierung wird die Gülen-Bewegung für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich gemacht. Zehntausende mutmassliche Anhänger wurden seitdem aus dem Staatsdienst entlassen und inhaftiert. Gülen bestreitet jede Beteiligung an dem versuchten Umsturz. Er lebt seit Jahren im Exil in den USA.
«Putsch war ein Vorwand»
BND-Chef Kahl sagte dem «Spiegel» zu den Gülen-Vorwürfen: «Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen.» Er widersprach auch der Einschätzung der türkischen Regierung, die Gülen-Bewegung sei islamisch-extremistisch oder gar terroristisch: «Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung», sagte der BND-Chef.
Über die Entlassungswelle nach dem versuchten Staatsstreich sagte Kahl: «Der Putsch war wohl nur ein willkommener Vorwand.» Er fügte hinzu: «Was wir als Folge des Putsches gesehen haben, hätte sich - vielleicht nicht in der gleichen Tiefe und Radikalität - auch so ereignet.» (SDA)