Dank Corona waren keine Touristen da
Hotel in Bozen von Felssturz zerstört

Am Dienstagnachmittag lösen sich vom Monte Tondo etwa 2000 Kubikmeter Fels, stürzen auf das Hotel Eberle und begraben Terrasse und weite Teile des Hotels unter sich. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt oder getötet.
Publiziert: 06.01.2021 um 13:51 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/10
Das Hotel Eberle liegt an der Oswaldpromenade. Wegen der Pandemie ist dieser beliebte Spazierweg glücklicherweise gesperrt, sonst hätte der Felssturz am Dienstagnachmittag vielleicht noch Passanten überrollt.
Foto: keystone-sda.ch
Myrte Müller

Nichts ist übrig von der romantischen Idylle des Hotels Eberle in St. Magdalena. Dort, wo normalerweise Ausflügler und Hotelgäste den Panorama-Blick über das Plateau von Ritten bis nach Bozen geniessen, liegt eine gigantische Geröllschicht. Nicht nur die Aussichtsterrasse ist unter den Felsmassen begraben, auch Teile des Gebäudes des Dreisterne-Hauses, darunter der Festsaal, beliebter Veranstaltungsort für Hochzeiten. Selbst das Schwimmbad wurde von der Steinlawine überrollt.

Wie erstarrt blickt Stefan Zisser (40) auf die zerstörte Existenz seiner Familie. Der Ex-Hockeyspieler des HC Bozen erlebte hautnah, was am Dienstag, gegen 15 Uhr geschah. «Ich war im Schlafzimmer mit meiner anderthalbjährigen Tochter Dalia, als ich plötzlich eine Explosion hörte», erzählt der Juniorchef der Agentur AGI. «Alles bebte, und dann waren wir von Staub umhüllt.»

Vater flieht mit Baby durchs Fenster

Stefan Zisser schnappt sich sein Baby und versucht zu fliehen. «Wir kamen nicht mehr aus dem Zimmer. Der Flur war voller Trümmer. Ich bin dann aus dem Fenster gestiegen und über den Balkon ins Freie gelangt.» Um ein Haar hätte der Felssturz auch den ehemaligen Sportler erwischt. «Es fehlten nur 30 Zentimeter und die Steinlawine hätte unser Zimmer mitgerissen. Meine Tochter und ich würden nicht mehr leben», sagt Zisser.

Zum Zeitpunkt der Katastrophe sind fünf weitere Personen im Hotel Eberle. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt. Das laute Grollen der Gesteinsmassen und die gigantische Staubwolke sind über die direkte Nachbarschaft hinaus zu hören und zu sehen. Experten schätzen die Dimension des Felssturzes auf 2000 Kubikmeter. Gelöst haben sich die Massen vom Monte Tondo.

Es werden keine Verschütteten gefunden

Ein Grossaufgebot an Berufsfeuerwehr, Freiwilliger Feuerwehr, Bergrettung, Weisses Kreuz und Polizei rückt aus, berichtet die Plattform stol.it (Nachrichten für das Südtirol). Vier Stunden suchen die Rettungskräfte nach Verschütteten – auch in der Umgebung. Denn die Oswaldpromenade, die am Hotel Eberle vorbeiführt, ist ein beliebter Spazierweg, auch wenn er dieser Tage gesperrt war.

Ein Helikopter überfliegt die Abbruchstelle. Suchhunde und akustische Ortungsgeräte werden eingesetzt, um unter den Trümmern nach Menschen zu suchen. Gegen 19 Uhr wird die Suche schliesslich eingestellt.

Die Pandemie macht der Hotel-Branche in Südtirol zu schaffen. Auch das Hotel Eberle kämpft mit Einbussen, weil die zahlreichen Touristen, vor allem aus dem Ausland, wegbleiben. Doch am Dienstagnachmittag wurde ausgerechnet Corona zum Lebensretter. Denn wegen des Lockdowns hatte das Hotel Eberle geschlossen.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen