Corona-Chefberater widerspricht US-Präsident
Fauci bleibt auch für Biden unberechenbar

Joe Biden hat Anthony Fauci zu seinem Corona-Chefberater gemacht. Nun muss der US-Präsident damit leben, dass der Experte auch ihm öffentlich widerspricht.
Publiziert: 18.02.2021 um 11:09 Uhr
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Aktualisiert: 24.02.2021 um 12:10 Uhr
Wagt nicht nur bei Trump Widerworte: US-Immunologe Anthony Fauci.
Foto: imago images/Xinhua
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Anthony Fauci (80) hat ein hartes Jahr hinter sich. Von Donald Trump (74) wurde der oberste Corona-Experte der USA für seine unbequemen Äusserungen abgestraft.

Die Biden-Regierung bemühte sich um Wiedergutmachung und machte den renommierten Immunologen Fauci zum Corona-Chefberater. Auf seiner ersten Pressekonferenz nach Amtsübergabe freute sich Fauci, Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), dass die Wissenschaft nun wieder gehört werde: «Wir werden transparent und ehrlich kommunizieren.»

Teil der neuen Zusammenarbeit: Fauci sollte sich mehr in den Medien äussern – etwas, das dem kritischen Top-Wissenschaftler unter Trump zuletzt praktisch verboten war. «Grossartig, Dr. Fauci dort zu sehen – und überall sonst, wo er seine Meinung sagen will», twitterte Stabschef Ron Klain (59) am 22. Januar über einen TV-Auftritt von Fauci.

Fauci nutzt die neue Freiheit offenbar ausgiebig. Wie «Politico» berichtet, hat er in einem Interview am Mittwoch US-Präsident Joe Biden (78) und seiner Stellvertreterin Kamala Harris (56) in Sachen Lehrer-Impfungen und Schulöffnungen deutlich widersprochen.

Am Vorabend sagte Biden noch etwas anderes

«Es ist nicht praktikabel, dass Schulen erst wieder öffnen, wenn jeder Lehrer geimpft ist», stellte Fauci am Mittwochmorgen auf «CBS» klar. Dabei hatte US-Präsident Joe Biden am Abend zuvor noch auf «CNN» darüber gesprochen, dass Lehrer «bei den Impfungen bevorzugt werden sollten». Der Grund: die starke Lehrer-Lobby. Viele Lehrer in den USA haben angekündigt, ohne Impfung keinen Präsenzunterricht zu geben.

Praktisch zeitgleich mit dem Fauci-Interview teilte Bidens Stellvertreterin Kamala Harris (56) mit: «Der Präsident hat es gesagt und uns allen ist klar, dass Lehrer Priorität haben sollten.»

Biden und Harris stellten sich damit auch gegen die Linie der nationalen Seuchenbehörde CDC, mit der Fauci eng zusammenarbeitet. Sie hatte in einem jüngst veröffentlichten Leitfaden zu den Schulöffnungen ebenfalls geschrieben: «Der Zugang zu Impfungen sollte nicht als Bedingung für die Wiedereröffnung von Schulen für den Präsenzunterricht angesehen werden.»

Regierung rudert nach Fauci-Interview zurück

Bereits vor einigen Tagen hatte Harris dem obersten Corona-Experten widersprochen. Bei der nationalen Impfstoff-Verteilung fange die Regierung «ganz von vorne an», sagte die Vizepräsidentin in einem Interview. «Es gab bislang keine nationale Strategie oder einen nationalen Plan für Impfungen.» Fauci hatte genau das bei seiner ersten Pressekonferenz bestritten: «Wir fangen sicherlich nicht bei Null an, weil die Verteilung bereits gestartet ist.»

Nur kleine Meinungsverschiedenheiten – oder erste Rissen in der Beziehung zwischen Corona-Chefberater und Präsidenten-Team?

Die Biden-Regierung löste das Problem um die Lehrer-Impfungen auf ihre Weise. Statt auf ihrem Standpunkt zu beharren oder den Wissenschaftler erneut mundtot zu machen, änderte Biden seinen Kurs. Auf die Frage, ob Lehrer vor der Schulöffnung geimpft werden müssten, antwortete Pressesprecherin Jen Psaki (42) nur Stunden nach dem Fauci-Interview: «Weder der Präsident noch die Vizepräsidenten glauben, dass das eine Voraussetzung ist.» (kin)

«Wir werden transparent und ehrlich kommunizieren»
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Immunologe Fauci zur Ära Biden:«Wir werden transparent und ehrlich kommunizieren»
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