Bringt das Coronavirus den thailändischen Protz-König zu Fall?
«Der Kult ist weg»

Das Coronavirus bringe Thailand einen Schritt Richtung Moderne, sagt der Menschenrechts-Journalist Andrew MacGregor Marshall (49). Weil der Thai-König während der Pandemie in Bayern das Leben geniesst, wird er in der Heimat mittlerweile offen kritisiert. Ein Tabubruch!
Publiziert: 16.10.2020 um 12:49 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2020 um 15:37 Uhr
König Maha Vajiralongkorn (68) wird seit einigen Monaten öffentlich kritisiert. Ein Tabubruch in Thailand.
Foto: DUKAS
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Michael Sahli

In Thailand brodelt es – und es passiert etwas einst Undenkbares. Tausende überwiegend junge Untertanen gehen auf die Strasse und demonstrieren gegen König Maha Vajiralongkorn (68), genannt Rama X.

Ein Tabubruch im Land, wo der Regent noch als höheres Wesen gilt. Der schottische Journalist und Königskritiker Andrew MacGregor Marshall (49) warnt vor einer Eskalation: «Der Glaube an die Monarchie ist in Thailand in den letzten Jahren kollabiert.» Der neue König (seit 2016 im Amt) war nie nur annähernd so beliebt wie sein Vater Bhumibol (†88). Das Coronavirus hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht. 60 Milliarden US-Dollar fehlen wegen ausbleibender Touristen, eine Million Arbeitsplätze sind laut Schätzungen verloren.

Süsses Leben mit Harem in Bayern

Währenddessen residiert der Thai-König mit seinem Harem in Bayern in einem Luxushotel. Macht mit seiner Entourage muntere Ausflüge in die Alpen – oder geht auch gern auf Velotour in die Schweiz. «Die Leute wissen das. Und sie nehmen es ihm übel. Er macht nichts von dem, was er als König machen müsste», sagt Marshall. Die Ausgaben für sein ausschweifendes Leben haben sich mittlerweile verdoppelt, in seinem Land fehlt dafür langsam das Geld für Corona-Tests.

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Im Internet wird der 60 Milliarden US-Dollar schwere Regent mittlerweile auf breiter Front kritisiert. «Es ist wirklich historisch, dass sich vor allem die Jungen seit einigen Monaten trauen, offen über den König zu diskutieren. Der Kult ist weg – und das ist ein Schritt in die Moderne.» Die junge Generation wolle die alten Traditionen nicht mehr. «Sie will nicht mehr vor den Lehrern auf dem Boden kriechen müssen. Und sie will die Monarchie nicht.»

Direkte Kritik am König kann gefährlich werden

Trotzdem: Direkte Kritik am König kann mit Haftstrafen enden. Das musste auch Marshalls thailändische Ehefrau feststellen, als sie 2016 in Bangkok zwischenzeitlich verhaftet wurde, wegen der Arbeit ihres Ehemanns. Der Schotte selber war aus Angst vor Repressalien zum letzten Mal 2011 im Land. «Um offen über Thailand zu berichten, muss man im Ausland sein», sagt der Ex-Kriegsreporter. Seit 2017 steht er zusammen mit zwei weiteren Journalisten auf einer schwarzen Liste.

Dass der König für Reformen offen ist – oder etwas an seinem exzentrischen Lebensstil ändert –, ist für Marshall ausgeschlossen. «Seit er ein kleiner Junge war, wurde ihm gesagt, er sei ein Gott.» Das habe dazu geführt, dass er sich berechtigt fühlt, zu tun, was auch immer er will. «Er ist losgelöst von der Realität und führt ein Leben wie vor Hunderten Jahren.»

Dennoch kaum Hoffnung auf zentralen Wandel

Das Palastpersonal werde wie Sklaven behandelt. «Auf kleinste Fehler stehen körperliche Strafen. Der König lässt sich jeweils Videos davon zeigen.» Marshall denkt auch, dass es des Königs Wunsch war, Königin Suthida (42) in Engelberg OW unterzubringen, wo sie in einem Hotel wohnt. «Er will sie ganz nah bei sich haben. Aber auch nicht zu nah. Er hat ja schliesslich seinen Harem.»

Einen richtigen demokratischen Wandel werde es trotz der Proteste aber nicht geben, glaubt Marshall. Zu mächtig sei noch immer das Bündnis von Militär und Palast. «Es wird höchstens ein paar Scheinreformen geben.» Auf lange Sicht sei die Monarchie aber am Ende. «Wenn der jetzige König stirbt, wird das Spiel aus sein. Nur schon, weil kein geeigneter Nachfolger in Sicht ist.» Einzig: Bis es so weit ist, dürfte der König noch für einige Skandale gut sein.


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