Brief veröffentlicht
Papst lehnt Rücktritt von Kardinal Marx ab

Der deutsche Kardinal Reinhard Marx wollte von seinem Amt als Erzbischof von München und Freising zurücktreten, weil er «Mitverantwortung für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs» übernehmen wollte. Papst Franziskus lehnt den Rücktritt allerdings ab.
Publiziert: 10.06.2021 um 14:54 Uhr
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Muss weitermachen: Kardinal Reinhard Marx
Foto: Torsten Silz

Papst Franziskus (84) hat das Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx (67) zurückgewiesen. In einem am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichten Brief schrieb Franziskus zur Bitte des Kardinals, dieser solle entgegen seinem Wunsch als Erzbischof von München und Freising im Amt bleiben. Dabei bezeichnete sich der Papst in dem Brief gegenüber Marx als «Dein Bruder, der Dich liebt».

Marx hatte am vergangenen Freitag bekannt gegeben, dass er dem Papst im Mai in einem Brief um die Entbindung von seinem Amt als Münchner Erzbischof gebeten habe und dass der Papst die Veröffentlichung dieses Rücktrittswunschs erlaubt habe. Der 67-jährige Münchner Kardinal hatte sein Gesuch damit begründet, «Mitverantwortung» für die «Katastrophe des sexuellen Missbrauchs» übernehmen zu wollen.

«Stimme dir zu, dass wir es mit einer Katastrophe zu tun haben»

In der Antwort auf das Gesuch ging Franziskus auf das Bittschreiben von Marx ein. Darin bestätigt der Papst, dass es die Kirche mit einer «Katastrophe» zu tun habe. Ausserdem zitierte er eine Stelle, in der Marx anbot, sich gern weiter für die von Franziskus angemahnte geistliche Erneuerung der Kirche einsetzen zu wollen. Dazu schrieb Franziskus: «Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder – mach weiter, so wie du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising.»

Weiter schrieb der Papst: «Ich stimme dir zu, dass wir es mit einer Katastrophe zu tun haben: der traurigen Geschichte des sexuellen Missbrauchs und der Weise, wie die Kirche damit bis vor Kurzem umgegangen ist».

Marx, der Reformer

Unter den katholischen Bischöfen in Deutschland gilt Marx als Reformer. Er hatte sich auch in der Reformdebatte der katholischen Kirche, dem «Synodalen Weg», engagiert. Für seinen Schritt hatte Marx von vielen in der katholischen Kirche Anerkennung erhalten. Sein Nachfolger als DBK-Chef, Bischof Georg Bätzing, zeigte Verständnis für die Entscheidung.

Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbeiten soll, wie sexueller Missbrauch von Priestern im Bistum möglich wurde und ob hochrangige Geistliche Täter schützten.

Die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche in Deutschland haben die seit Jahrzehnten wahrnehmbare Austrittswelle noch heftig anschwellen lassen. Im Jahr 2019 wurden 272 771 Austritte verzeichnet. Derzeit gehören noch etwa 27 Prozent der deutschen Bevölkerung der katholischen Kirche an, die Zahl der aktiven Kirchgänger ist weit geringer. (AFP/SDA)

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