BLICK-Sex-Beraterin Caroline Fux über Sextouristen in Thailand
«Frauen zu erniedrigen, ist für manche Männer unglaublich verlockend»

Publiziert: 06.04.2017 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:25 Uhr
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BLICK-Sex-Beraterin Caroline Fux.
Interview: Michael Sahli

Caroline Fux, wie ticken Thailands Sextouristen?
Caroline Fux: Die Gründe für eine entsprechende Reise sind extrem vielseitig. Man sollte sich also von der Idee lösen, dass es den Sextouristen gibt, den man in eine Schublade stecken könnte. Das ist eine beliebte Taktik, mit der viele Männer und Frauen das Thema Sextourismus weit von sich schieben: Sie stempeln die Betreffenden als eklige, alte Männer ab und gruseln sich wohlig aus der Ferne. Das gilt übrigens generell für die Wahrnehmung von Freiern, auch für die in der Schweiz.

Um feine Erotik scheint es in Pattaya aber nicht gerade zu gehen.
Das behauptet auch niemand. Vieles, was in den entsprechende Bars abgeht, ist extrem entwürdigend und abstossend. Für die Frauen und die Freier. Umso wichtiger ist es, dass wir uns der Tatsache stellen, dass die meisten Freier ganz normale Männer sind. Das sind unsere Väter, Brüder, Arbeitskollegen. Und es braucht Differenzierung: Bei weitem nicht alle verhalten sich daneben. Viele suchen umsichtig nach Zärtlichkeit, ja Liebe, und sie finden sie auch, nicht selten in stabilen Partnerschaften. Aber diese Paare werden dann schräg beäugt, und ihre Beziehung wird abgewertet, weil sich jemand anders in Pattaya daneben benimmt.

Bleiben wir bei den weniger schönen Seiten des Sextourismus. Wie lässt sich erklären, dass gewisse Männer demonstrativ respektloses Verhalten zeigen, beim Sex um wenige Rappen feilschen oder extreme Praktiken einfordern?
Die harte Wahrheit ist: Weil es geht. Die Sau rauslassen, über eine Frau bestimmen, sie erniedrigen, Sexkönig sein für eine Nacht, zehn Nächte oder so lange das Ersparte reicht – das ist für manche Männer unglaublich verlockend. Alkohol, Gruppendruck und immer abgefahrenere Shows befeuern dann die Situation zusätzlich. Einige Männer haben irgendwo im Hinterkopf gespeichert, dass ihnen so ein Verhalten eigentlich zusteht. Weil sie es in ihrem normalen sozialen Umfeld nicht verwirklichen können, gehen sie ins Milieu.

Viele der Männer betonen, dass den Thailänderinnen der Sex einfach mehr Spass mache.
Das ist grenzenloser Selbstbetrug. Der Ton ist typisch für die Sexbranche. Da wird mit angeblicher Naturgeilheit bestimmter Frauen geworben, damit die Freier ihr Gewissen beruhigen und die absurde Situation rechtfertigen können. Und das müssen sie auch. Diese Männer sind nicht herzlos. Wenn sie sich eingestehen würden, was da wirklich abgeht, könnten es die meisten nicht mehr geniessen.

Welche Rolle spielt die Distanz zur Heimat? Ganz billig ist eine Thailandreise ja auch nicht. Diese Männer könnten ihr Geld auch in einem Schweizer Puff ausgeben.
Die Distanz spielt eine grosse Rolle. Das gehört zum Ausbruch, den viele Sextouristen suchen. Sie können so in eine andere Rolle schlüpfen und sich von bestimmten Werten distanzieren. Was in der Fremde passiert, zählt für sie weniger. Manche stehen auch ganz einfach auf Asiatinnen und finden so einen zusätzlichen Kick.

Auf den einschlägigen Ausgehmeilen tummeln sich überraschend viele Touristinnen. Was motiviert sie zu einem Besuch?
Auch hier sind die Beweggründe vielseitig. Thailands Sexgewerbe ist als Touristenattraktion für viele zum Pflichtbesuch geworden. Auch Frauen suchen das Abenteuer, wollen Party machen, mit dem Verbotenen flirten, sich Kuriositätenshows ansehen. Viele trauen sich zudem nicht, klar Stellung dagegen zu beziehen, wenn so ein Ausflug in der Gruppe vorgeschlagen wird. All diese Überlegungen gelten übrigens auch für viele Männer. Die meisten gehen nur gucken, schämen sich vor Ort für die anderen Westler und gehen dann mehr oder weniger verstört nach Hause.

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