Friedensnobelpreisträger
Farbanschlag auf Putin-Kritiker Dmitri Muratow

Dmitri Muratow ist Friedensnobelpreisträger und erklärter Gegner Putins und der Invasion. Der Chefredakteur einer russischen Zeitung wurde nun Opfer einer Farbattacke. Vielleicht eine letzte Warnung. Mehrere seiner Mitarbeiterinnen wurden in der Vergangenheit ermordet.
Publiziert: 08.04.2022 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2022 um 13:06 Uhr
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Dmitri Muratow wurde im Zug Opfer eines Farbanschlags. Der Friedensnobelpreisträger gilt als grosser Putin-Kritiker.
Foto: keystone-sda.ch

Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow (60) ist in einem Zug nach eigener Darstellung von einem unbekannten Täter angegriffen und mit roter Farbe überschüttet worden. Die kremlkritische Zeitung «Nowaja Gaseta» veröffentlichte am Donnerstag ein Foto ihres Chefredakteurs, dessen Gesicht, Oberkörper und Arme mit roter Ölfarbe überdeckt waren. «Die Augen brennen ganz fürchterlich», teilte Muratow im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Eine Reaktion von den russischen Behörden gab es zunächst nicht.

Der 60-Jährige war demnach im Zug Moskau-Samara, als er von einem Mann angegriffen wurde. «Er schrie: ‹Muratow, nimm das für unsere Jungs›», teilte der Journalist weiter mit.

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Journalisten werden ermordet

Im Zug rieche es nach der Ölfarbe, die Abfahrt verzögere sich. «Ich versuche, es abzuwaschen», berichtete Muratow. Unklar war der konkrete Hintergrund der Attacke. Muratow zeigte auch sein mit roter Farbe vollgespritztes Schlafwagenabteil. Vermutlich gab es einen Zusammenhang mit Russlands Krieg in der Ukraine, bei dem bereits viele Soldaten gestorben sind.

Regierungskritische Journalisten werden in Russland immer wieder Ziel von Anschlägen. Bei der von Muratow geführten Zeitung «Nowaja Gaseta» sind auch Mitarbeiterinnen ermordet worden, wie etwa die Journalistinnen Anna Politkowskaja und Natalja Estemirowa, die durch Schüsse starben. Muratow hatte stets betont, sich nicht einschüchtern zu lassen.

Krieg öffentlich kritisiert

Das Erscheinen der Zeitung hatte er unlängst wegen des Drucks von russischen Behörden bis zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vorübergehend eingestellt. Muratow hatte den Krieg von Kremlchef Wladimir Putin (69) gegen die Ukraine öffentlich kritisiert.

Die Zeitung hatte nach Erlass eines neuen Gesetzes zur Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit in Russland darauf verzichtet, von einem «Krieg» zu schreiben. Das Wort ist im Zusammenhang mit der Invasion in die Ukraine geächtet in Russland. Allerdings brachte die «Nowaja Gaseta» zuletzt grosse Reportagen über das Leid der Menschen im Zuge des Kriegs.

Fahndung eingeleitet

Polizeikräfte haben die Fahndung nach Verdächtigen eingeleitet. Das berichtete die russische Agentur Interfax mit Berufung auf den Pressedienst einer Verkehrsabteilung des russischen Innenministeriums in der Nacht zu Freitag. Demnach organisierten Mitarbeiter der Verkehrspolizei Massnahmen, um zwei Männer zu identifizieren und festzunehmen.

Angaben des Innenministeriums zufolge seien beim Einsteigen der Fahrgäste am Kasaner Bahnhof in Moskau zwei Männer mit medizinischen Masken in den Waggon eingestiegen, die sich gegenüber dem Schaffner als Begleitpersonen ausgegeben hätten, hiess es weiter. Danach habe einer das Abteil betreten und den Fahrgast mit roter Farbe übergossen. Unmittelbar danach seien die beiden Männer auf den Bahnsteig gerannt und verschwunden, zitierte Interfax den Pressedienst. (SDA/vof)

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