Es begann als friedlicher Widerstand und endete in Strassenschlachten. Die Gewaltspirale in Hongkong dreht sich immer weiter – seit nun mehr als fünf Monaten. Bereits am frühen Donnerstag kam es erneut zu Ausschreitungen. Dabei sollen Protestierende die Polizisten mit Pfeilen beschossen haben.
Die Lage spitzt sich mehr und mehr zu. Den gesamten Verlauf verfolgt Michael Bornstein hautnah mit. Seit vier Jahren lebt und arbeitet der Professor für Zahnmedizin in Hongkong. «Am Anfang war es so ähnlich wie bei einem Match zwischen FCZ und FCB. Ein paar Sachbeschädigungen und ein wenig Polizei im Einsatz», sagt Bornstein zu BLICK.
Molotowcocktails in der Stadt platziert
Doch jetzt sei alles ganz anders. Zurzeit ist es sehr ruhig in den Strassen. «Die Ruhe vor dem Sturm», glaubt der Professor. Er befürchtet, dass sich beide Seiten, Polizisten und Demonstranten, für eine grosse Schlacht vorbereiten. Es gibt das Gerücht, dass China seit Tagen Einsatzkräfte nach Hongkong bringt. Und die Demonstranten? Die platzieren in der Stadt Molotowcocktails, wie Bornstein berichtet.
Die Proteste sieht er kritisch. «Einerseits verstehe ich den Unmut und die Machtlosigkeit, andererseits kann man seine Meinung nicht mit Gewalt durchsetzen. Es ist für eine gute Sache, aber mit schlechten Mitteln.» Doch auch die Regierung befeuere den Konflikt weiter.
Anfangs gingen die Demonstranten wegen eines strittigen Gesetzes auf die Strasse. Damit hätte China wieder mehr Einfluss auf die Stadt bekommen. Die grosse Angst vieler Hongkonger. Seit der Rückgabe an China 1997 wird Hongkong autonom regiert. Das will man in Peking offenbar ändern.
Bornsteins Studenten wurden verhaftet
Das geplante Gesetz brachte das Fass für viele endgültig zum Überlaufen. Sie wehren sich jetzt. Doch China lässt bisher nicht mit sich reden. Stattdessen würden immer die Polizisten vorgeschickt werden, um die Widerstände klein zu halten, so der Professor. Eine Strategie, die bislang nicht aufging. Im Gegenteil: Die Scharmützel wurden immer schlimmer.
Die Folgen würden auch seine Studenten spüren. Einige wurden auf dem Weg zu einer Vorlesung verhaftet. Einfach so. Ohne Grund. Denn an den Krawallen seien sie nicht beteiligt gewesen, wie Bornstein betont. Ob sie mittlerweile frei sind, weiss er nicht.
Bisher wurde es noch nicht gefährlich für den Basler. Noch nicht. Die Angst ist gross, dass es in den nächsten Tagen einmal richtig knallt. Der Professor zu BLICK: «Ich bete darum, dass es nicht eskaliert.»