Sollen wir unser Kind nach zehn Jahren tauschen, weil es nicht unseres ist? Diese Frage stellte sich zwei Familien in Südfrankreich, deren Säuglinge gleich nach der Geburt vertauscht wurden.
1994 brachte Sophie Serrano in Cannes ihre Tochter Manon zur Welt. Wegen Gelbsucht behandelten die Ärzte das Baby in einem Brutkasten. In dem lag auch ein anderer Säugling. Eine Krankenschwester vertauschte die Babys. Beide Mütter bezweifelten schnell, ob das ihnen anvertraute Kind auch ihr leibliches ist. Die Länge der Haare kam ihnen seltsam vor. Die Krankenschwester beruhigte die Frauen: Das liege an der Wärmelampe des Brutkastens.
Als Manon heranwuchs, fiel den Serranos auf, dass das Kind keine Ähnlichkeit mit ihnen hatte, unter anderem einen dunkleren Teint aufwies. Ein DNA-Test vor zehn Jahren bewies: Manon war nicht ihr biologisches Kind. Weitere Nachforschungen ergaben, dass die leiblichen Eltern Manons, die ihrerseits das Kind der Serranos aufzogen, nicht weit entfernt wohnten.
Die beiden Familien nahmen Kontakt miteinander auf und mussten sich entscheiden: Behalten wir die uns vertrauten Kinder, oder geben wir die Mädchen ihren zwar biologischen, aber bisher unbekannten Eltern zurück?
Die Eltern entschieden sich, die Kinder nicht zu tauschen, blieben aber in engem Kontakt. Mutter Sophie Serrano sagte der französischen Zeitung «Libération»: «Es war gleichzeitig schön und traurig zu sehen, dass meine biologische Tochter von ihrer Familie geliebt wird. Aber sie nicht mitnehmen zu können, war sehr hart.» Die andere Familie will sich zum Fall nicht äussern.
Nun gehen beide Familien gerichtlich gegen die Klinik, die Ärzte und die damalige Pflegerin in Cannes vor. Sie verlangen umgerechnet rund 14 Millionen Franken Schadenersatz.
Die heute 20-jährige Manon Serrano sagte der «Libération»: «Niemand kann das verstehen, weil so eine Situation praktisch niemanden betrifft.» Das Gericht will am 10. Februar 2015 über die der Forderung entscheiden.