Seine Wirkung ist 4000-mal so schädlich wie die von CO2. Kommt es in die Atomsphäre, heizt es den Klimawandel massgeblich an. Die Rede ist von Sulfurylfluorid (SO2F2), einem Gas, dass vor allem zur Abtötung von Schädlingen eingesetzt wird.
Wie eine «Spiegel»-Recherche jetzt enthüllt, wird das Gas in Deutschland seit 2018 verstärkt verwendet – ganz besonders in den Häfen. Dort wird nämlich Laub- und Nadelholz für den Export mit dem Gas eingesprüht. Damit soll es schädlingsfrei gemacht werden und verhindern, dass beispielsweise der Borkenkäfer in fremde Länder gelangt. Die ausländischen Importeure, wie zum Beispiel China, bestehen auf diesen Schutz vor Schädlingen.
Schutz vor Schädlingen
In verschlossenen Containern wirkt das «Borkenkäfer-Gas» bis zu 24 Stunden. Danach gelangt es ungefiltert in die Umwelt und steigt in die Atmosphäre auf. Das deutsche Umweltbundesamt geht von einer «vollständigen Emission» des Borkenkäfer-Gases aus, denn es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Filterung.
Die Mengen an Gas, die aus den Containern entweicht, steigt extrem. Rund 200 Tonen wurden 2019 allein im Hamburger Hafen eingesetzt. 2020 waren es dann schon 230 Tonnen, was umgerechnet fast einer Million Tonnen CO2 entspricht. Dazu kommen noch die Emissionen aus anderen deutschen Häfen und die des Hafens in Rotterdam (Niederlande). Letzterer ist der grösste in Europa – ein Grossteil der deutschen Holzexporte werden dort abgewickelt.
Emissionen so hoch wie 2 Millionen Tonnen CO2
Insgesamt ist die in Deutschland hinzugenommene Menge an Emissionen durch das Borkenkäfer-Gas seit 2018 auf 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent gekommen. Das entspricht so viel wie dem jährlichen innerdeutschen Flugverkehr. Und trotzdem – das Gas taucht in keiner Klimabilanz auf, weder in Deutschland noch auf europäischer Ebene.
Auf das Thema aufmerksam machte die Hamburger Umweltbehörde. Mittlerweile wurde das Anliegen über das Bundesumweltministerium in Berlin nach Brüssel zur Europäischen Kommission weitergeleitet. Dort soll nun geprüft werden, ob es «klimafreundlichere Alternativen» zum Borkenkäfer-Gas gibt.
Parallel dazu hat sich die Umweltbehörde in Hamburg mit Ingenieuren der Technischen Universität Hamburg-Harburg zusammengeschlossen, um Filteranlagen zu entwickeln, die einen Aufstieg des Gases in die Atmosphäre verhindern. Bis wann es jedoch zu einem einsatzfähigen Prototypen kommt, ist bislang unklar. (aua)