Ausschreitungen, Staatssender gestürmt
Massive Proteste in Serbien

Die seit drei Monaten anhaltenden Proteste in Serbien gegen Präsident Aleksandar Vucic werden massiver: Am Samstag stürmten Dutzende Demonstranten den Staatssender RTS, am Sonntag protestierten Tausende vor dem Belgrader Präsidentenpalast.
Publiziert: 17.03.2019 um 20:16 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2019 um 20:31 Uhr
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Seit drei Monaten protestieren die Serben gegen ihren Präsidenten Aleksandar Vucic. Die Proteste werden immer massiver: Am Samstag stürmten Dutzende Demonstranten den Staatssender RTS. Sie verurteilen die politische Einmischung in die Medienberichterstattung und forderten die RTS-Führung zum Rücktritt auf.
Foto: Getty Images

Die Regierungskritiker werfen ihm eine zunehmend autoritäre Politik vor, Präsident Aleksandar Vucic weist dies zurück. Der Sturm auf die Büros des Staatssenders «RTS» war am Samstag live im Fernsehen zu sehen. Der Privatsender «N1» zeigte, wie ein Grossaufgebot der Polizei die Demonstranten aus dem Sender fortbrachte. Die Regierungskritiker wollten über den Sender zum Volk sprechen.

Einmischung in die Medienberichterstattung

Zuvor hatten tausende Regierungskritiker friedlich im Zentrum von Belgrad demonstriert. Auch in anderen serbischen Städten fanden Kundgebungen statt. Die Demonstranten verurteilen die politische Einmischung in die Medienberichterstattung und forderten die RTS-Führung zum Rücktritt auf.

Am Sonntag versammelten sich erneut tausende Demonstranten vor dem Präsidentenpalast, während Vucic dort eine Pressekonferenz hielt. Es kam zu ersten Auseinandersetzungen, als Sondereinheiten der serbischen Polizei versuchten die Protestierenden daran zu hindern, Lautsprecher aufzustellen oder Barrieren zu entfernen.

Erstmals nahmen an den Protesten führende Vertreter der Opposition teil. Zu den Demonstranten, die sich am Samstag in Belgrad Zutritt zu den RTS-Büros verschafften, zählten der frühere Belgrader Bürgermeister Dragan Djilas und Bosko Obradovic von der rechtsgerichteten Partei Dveri. Am Sonntag traten Djilas und Obradovis sowie weitere führende Oppositionspolitiker auch auf der Kundgebung vor dem Präsidentenpalast auf.

Vucic unbeeindruckt

Vucic gab sich unbeeindruckt. Auf seiner live vom Staatssender übertragenen Pressekonferenz betonte der Präsident, er lasse sich von niemandem einschüchtern. Die Demonstranten bezeichnete er als «Hooligans», Obradovic als «Faschisten» und Djilavic als «Oligarchen».

Bereits seit dem 8. Dezember gehen die Regierungskritiker jeden Samstag gegen Vucic auf die Strasse. Die Demonstranten werfen dem ehemaligen Ultranationalisten und inzwischen pro-europäischen Staatschef vor, sich immer mehr zum Autokraten zu entwickeln. Den Staatssender RTS beschuldigen sie, in seiner Berichterstattung das Regierungslager zu bevorzugen und regierungskrititischen Standpunkten zu wenig Sendezeit einzuräumen.

Auch die EU-Kommission hatte sich vergangenes Jahr besorgt über Einschränkungen der Pressefreiheit in Serbien durch Drohungen, Einschüchterungen und Gewalt gezeigt. Serbien zählt zu mehreren EU-Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan. Es hofft, der Union bereits 2025 beitreten zu können. (bra/SDA)

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