Der Handelsstreit zwischen den USA und China sorgt an der Wall Street regelmässig für Achterbahnfahrten. Bei positiven Nachrichten gehen die Aktienkurse rauf, bei wütenden Twitter-Botschaften von Donald Trump gehts runter.
In dieser Woche sollen die beiden Weltmächte endlich einen Deal vereinbaren. So zumindest der Plan. Chinas Verhandlungsführer und stellvertretender Regierungschef Liu He reiste am Mittwoch mit einer grossen Delegation nach Washington. Am Donnerstag und am Freitag soll über eine Lösung im Handelskonflikt beraten werden. Der China-Showdown war angerichtet – und Beobachter rechneten lange Zeit mit einem positiven Ausgang.
Doch dann war am vergangenen Wochenende plötzlich alles anders: US-Präsident drohte überraschend auf Twitter, die Sonderzölle auf Wareneinfuhren im Wert von 200 Milliarden Dollar schon ab Freitag von bisher zehn auf 25 Prozent zu erhöhen. Als Grund gab er an, dass sich China an die zuvor getroffenen Vereinbarungen nicht gehalten haben soll.
Die Eskalation hat die Märkte Anfang Woche auf dem falschen Fuss erwischt. Die Aktienkurse brachen weltweit ein. Auch die Schweiz war betroffen. Erst am vergangenen Freitagnachmittag hatte der Swiss Market Index (SMI) bei 9786,51 Punkten eine neue Rekordmarke erreicht. Am gestrigen Mittwoch schloss er bei 9621,96 Punkten.
Trump: «China hat den Deal zerstört»
Am Mittwochabend, nur wenige Stunden vor Beginn der Gespräche am Donnerstag, goss Trump weiter Öl ins Feuer. Während eines Auftritts in Florida sagte der US-Präsident zu seinen Anhängern, dass es für die USA in Ordnung sei, wenn es keinen Deal mit China gäbe. Er rief seinen Supportern zu: «China hat den Deal gebrochen. Deshalb fliegen sie morgen den Vize ein – ein guter Mann – aber sie haben den Deal gebrochen. Das können sie nicht tun, also werden sie bezahlen.»
TWITTERIst ein Deal also bereits vor dem grossen Showdown vom Tisch? Oder versucht Trump nur den Druck zu erhöhen? US-Wirtschaftsexperte Jay Ritter von der «University of Florida» kann sich durchaus vorstellen, dass der US-Präsident ernst macht und am Freitag die Zölle erhöhen wird. «Trump kämpft mit harten Bandagen, aber es ist mehr nur eine lose Drohung», sagt er zu BLICK.
Dass die Chinesen offenbar einige Versprechungen zurückgezogen haben, überrascht ihn nicht. «Chinas Präsident Xi Jinping versprach Obama, dass sein Land keine Militärbasen im Südchinesischen Meer bauen würde. Aber dann zerstörte die chinesische Regierung Korallenriffe und baute Militärbasen.» Die Bedenken von den USA und Europa hält er deshalb für berechtigt. Xi Jinping habe sich in der Vergangenheit nicht als vertrauenswürdig erwiesen.
Trump ist politisch in der Zwickmühle
Einen Deal im Handelsstreit sieht der Wirtschafts-Experte dennoch als eminent wichtig an. Ökonomen aus aller Welt sind sich schliesslich einig, dass der internationale Handel fast immer eine Win-Win-Situation ist. «Ich hoffe, dass ein Kompromiss gefunden wird. Die Welt wird davon profitieren», sagt Ritter.
Bei einem Scheitern der Gespräche würde sich die schlechte Stimmung an den Börsen fortsetzen. Dann könnte es schon am Freitag oder am Montag zum grossen Ausverkauf kommen. «China, die USA, die Schweiz und weitere Länder wären die Verlierer», warnt Ritter.
Noch hat es Donald Trump in den eigenen Händen. Der selbst ernannte «beste Dealmaker» aller Zeiten wird am Donnerstag und Freitag einen wichtige Rolle bei den Gesprächen spielen. Er befindet sich politisch in der Zwickmühle: Einerseits wollen seine Wähler nicht irgendeinen Deal für die USA, andererseits braucht Trump eine starke Wirtschaft, um 2020 wiedergewählt zu werden.