Bei einer Explosion gestern um 18:30 Uhr in der türkischen Hauptstadt Ankara sind 37 Personen getötet und mehr als 120 verletzt worden. Derzeit sind noch 71 der Verletzten in Spitalpflege, 15 von ihnen auf der Intensivstation.
Unter den Todesopfern ist den Behörden zufolge mindestens ein Selbstmordattentäter. Ob auch Schweizer getötet wurden, klärt das Schweizer Aussendepartement (EDA) derzeit ab.
Die Detonation ereignete sich am Kizilay-Platz am Atatürk-Boulevard, wo sich zahlreiche Geschäfte befinden und ein grosser Busbahnhof gelegen ist. Alle umliegenden Gebäude wurden aus Angst vor weiteren Explosionen geräumt.
Die Explosion ging von einem mit Sprengstoff beladenen Auto aus.
Bomben gegen PKK-Stellungen
Wer für den dritten Anschlag in Ankara innert fünf Monaten verantwortlich ist, ist noch nicht restlos geklärt. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu, der eine für morgen geplante Reise nach Jordanien verschob, sagt jedoch, es gebe «konkrete Informationen über die Terrororganisation, die diesen feigen Angriff ausgeführt hat». Die Ermittlungen würden so bald wie möglich abgeschlossen. Das Ergebnis werde dann mitgeteilt.
«Wir glauben, dass eine Angreiferin eine Frau mit PKK-Verbindungen war», sagt ein Behördenvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Es handle es sich um eine Frau, die sich 2013 der PKK angeschlossen habe, sagen mehrere für Sicherheitsfragen verantwortliche Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Ihnen zufolge wurde die Täterin 1992 geboren und stammt aus Stadt Kars in der Osttürkei.
In Ankara wurden zudem vier Menschen festgenommen. Sie werden verdächtigt, den bei dem Selbstmordanschlag eingesetzten Wagen in der südosttürkischen Stadt Sanliurfa gekauft zu haben, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet.
Die türkische Luftwaffe hat unterdessen Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak angegriffen. Elf Kampfjets seien unter anderem im Kandil-Gebirge im Einsatz gewesen, teilt die Armee heute mit. Es seien Verstecke und Waffenlager bombardiert worden.
USA warnten
Die US-Botschaft warnte am Freitag vor einem drohenden Anschlag in einem Viertel in der Nähe des Anschlagsorts und rief dazu auf, die Gegend zu meiden.
Die australische Aussenministerin Julie Bishop teilt mit, der australische Botschafter sei dem Anschlag nur knapp entgangen. James Larsen habe sich zum Zeitpunkt der Explosion 20 Meter vom Anschlagsort entfernt in seinem Wagen befunden.
Die türkische Regierung verhängte gestern Abend eine Nachrichtensperre über den Anschlag, die aber nicht offizielle Verlautbarungen betrifft. Türkische Medien berichten, ein Gericht in Ankara habe eine Sperre für soziale Medien verfügt, nachdem dort Fotos zu dem Anschlag geteilt worden seien. Internetnutzer berichten von Problemen, Twitter und Facebook aufzurufen.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan teilt mit, die Terroranschläge der jüngsten Zeit zielten auf die «Integrität unseres Landes» ab. Er kündigt an, den Kampf gegen den Terrorismus fortzuführen und den Terrorismus «in die Knie zu zwingen».
Die EU, die USA und die NATO sicherten der Türkei ihre Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin - ein Gegner Erdogans - verurteilte die Anschläge.
Welle der Gewalt begann im Sommer
Erst Mitte Februar waren bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi in Ankara 29 Menschen getötet worden. Zu dem Anschlag bekannte sich die militante Kurdenorganisation Freiheitsfalken Kurdistans (TAK). Sie kündigte weitere Anschläge an, insbesondere auf bei Touristen beliebten Orten in der Türkei.
Bereits seit dem Sommer gilt in der Türkei wegen einer Reihe tödlicher Anschläge die höchste Alarmstufe. Vier der Anschläge schrieben die Behörden der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu. (SDA/kra/noo)