Argentinischer Staatsanwalt sah Tod voraus
«Diese Sache könnte tödlich enden»

Der argentinische Staatsanwalt Alberto Nisman kam am Wochenende unter mysteriösen Umständen ums Leben. Der offiziellen Version zufolge handelte es sich um Suizid. Doch wenige Tage vor seinem Tod hatte Nisman einem Reporter eine unmissverständliche Botschaft übermittelt.
Publiziert: 20.01.2015 um 03:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:39 Uhr
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Am frühen Sonntagmorgen brach die Polizei die Tür zur Wohnung Nismans auf und fand die Leiche des Staatsanwalts.
Foto: Reuters

Alberto Nisman lag tot in seinem Badezimmer, als ihn die Polizei fand. Neben ihm lag eine Pistole und eine Patronenhülse. Ein Suizid? Oder doch ein kaltblütiger Mord?

Diese Frage treibt viele Argentinier momentan um. Laut der Regierung haben Gerichtsmediziner keine Anzeichen von direkter Fremdeinwirkung festgestellt. Sie geht davon aus, dass sich der 51-jährige den Kopfschuss selbst verpasste. Doch ist Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zu trauen?

Die bristanten Umstände des Todes Nismans werfen diese Frage unweigerlich auf. Denn just gestern, einen Tag nach dem Leichenfund, hätte Staatsanwalt Nisman vor dem argentinischen Parlament einen Bericht vorstellen sollen, der offenbar beweisen soll, dass Kirchner sowie weitere Regierungsmitglieder in einen Skandal höchsten politischen Ausmasses verwickelt sein sollen.

Attentat auf jüdisches Gemeindehaus

1994 waren bei einem Attentat auf das jüdische Gemeindehaus Amia 85 Menschen ums Leben gekommen. Nachdem eine erste Untersuchung wegen Korruption der Richter sowie aufgrund mangelnder Beweise versandete, wurde Staatsanwalt Nisman 2004 mit der Wiederaufnahme der Ermittlungen betraut.

Er fand heraus, dass wohl ein iranisches Agenten-Netzwerk bestehend aus ranghohen Mitgliedern der Regierung hinter dem schlimmsten Attentat in der Geschichte Argentiniens steckt. 2006 wurden zehn Verdächtige von Interpol auf die rote Fahndungsliste gesetzt, der Iran verweigert allerdings deren Auslieferung.

Wasserfeste Beweise

Doch nicht nur der Iran, auch Argentinien selbst würde die Ermittlungen behindern, so das brisante Fazit von Nismans 300-seitigem Bericht. Präsidentin Kirchner und Aussenminister Héctor Timerman hätten dem Iran aufgrund geopolitischer Interessen angeboten, dass die Attentäter straffrei davonkommen. Er verfüge über wasserfeste Beweise in Form von Telefongesprächen, sagte Nisman. Sie zeigten, dass Argentinien den Deal vorschlug, um so an Öl zu kommen und gleichzeitig Waffen und Weizen an das Regime liefern zu können.

Vergangene Woche forderte Nisman eine Untersuchung des Kongresses, um Kirchners Umgang mit den Ermittlungen zu klären. Heute wollte er Beweise präsentieren.

Nisman war bedroht worden

Dass ihm seine Entdeckungen gefährlich werden könnten, war sich Nisman bewusst. In einem Gespräch mit einem Reporter der regierungskritischen Zeitung «Clarin» soll er noch vor wenigen Tagen gesagt haben: «Diese Sache könnte für mich mich tödlich enden.» Seine Mutter gab zudem an, ihr Sohn habe mehrfach über Drohungen berichtet.

Die Staatsanwaltschaft will nun nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Télam prüfen, ob es Hinweise gibt auf eine «Anstiftung zum Selbstmord» durch Druck oder Drohungen. (lha/SDA)

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