Es gibt nur wenige religiöse Führer, die umstrittener sind als David Miscavige (55), seit 1986 Chef von Scientology - und der vielleicht engste Freund von Hollywood-Star Tom Cruise (53).
Nur wenige Interviews hat er in seinem Leben gegeben, dafür will jetzt ein anderer ganz offen sprechen: Sein Vater Ron (79), bis 2012 selbst in der Psychosekte, hat ein brisantes Enthüllungsbuch geschrieben, das am 3. Mai erscheinen soll. Geplanter Titel: «Gnadenlos».
«Davids Geschichte erzählt von dem Mann, der ihn am besten kennt», so kündigt es der Verlag an. Miscavige will das nicht hinnehmen, lässt seine Anwälte mit einer Klage drohen: Es enthalte «bösartige, falsche, irreführende und stark beleidigende Behauptungen», die alle verneint würden.
Endlose Liste von Vorwürfen
Von Gewalt in der elterlichen Ehe soll die Rede sein, wie David Miscavige als Teenager zu Scientology kam und angeblich innerhalb von 45 Minuten von seinem Asthma geheilt wurde. Die Eltern gaben danach alles für Scientology auf, zogen für sie von den USA nach England.
2005 stieg David Miscaviges Nichte Jenna (heute 32) aus, berichtete von Kinderarbeit, totaler Überwachung und jahrelanger Isolation von Verwandten, die gegen die Organisation waren. Der Vater erlebte mit, wie David Miscavige als 26-jähriger die Organisation nach dem Tod von Gründer L. Ron Hubbard, seinem Förderer, an sich riss und brutal umformte.
Die Liste der Vorwürfe ist endlos: Finanzieller und seelischer Ruin von Mitgliedern, körperliche Gewalt gegen Angestellte, Miscaviges Ehefrau Shelly (51) wurde seit 2007 nicht mehr öffentlich gesehen, die Schwiegermutter wurde erschossen gefunden - angeblich Selbstmord.
Vater beschattet
Seinen eigenen Vater liess Miscavige mehr als ein Jahr von zwei Privatdetektiven überwachen - für 10'000 Dollar pro Woche, berichtete die «Los Angeles Times». Als sein Vater einen Herzinfarkt zu haben schien, wies er sie an, nicht einzugreifen: «Wenn er stirbt, dann stirbt er.»
Gleichzeitig gelang es Miscavige, die Organisation als eine der wenigen Sekten der 50er Jahre bis heute am Leben zu erhalten und zu vergrössern (u.a. 2015 neues Gebäude in Basel eröffnet) und in den USA die Anerkennung als steuerbegünstigte Kirche durchzusetzen.
Der Verlag will an der Veröffentlichung festhalten: Nach seiner Erfahrung kämen diese Drohschreiben immer, doch er sei optimistisch, einen eventuellen Prozess zu gewinnen.