Vor den Augen von Flugreisenden in einer startbereiten Maschine der Austrian Airlines haben Verbrecher auf dem Flughafen von Albaniens Hauptstadt Tirana ein Flugzeug überfallen.
Die Räuber drangen über eine Feuerwehrzufahrt auf das Flughafengelände vor, sagt die Polizei. Laut lokalen Medien benutzten sie einen weissen Lieferwagen mit der Aufschrift «Steuerfahndung». Zeugen im Flieger, der bereits die Triebwerke angeworfen hatte, berichten über drei Männer, die zum Rumpf des Flugzeugs gekommen seien und die Flughafenmitarbeiter gezwungen hätten, sich auf den Boden zu legen. Medienberichten zufolge warteten zwei weitere Komplizen im Fahrzeug.
Räuber wussten genau Bescheid
Die Männer raubten das Geld, das gerade in die Maschine geladen worden war, und fuhren davon. Der Überfall war von langer Hand geplant: Die Räuber wussten offensichtlich über den Zeitpunkt des Transports genau Bescheid.
Die Nachrichtenseite «balkanweb.com» hat mehrere Fotos veröffentlicht, die zum Zeitpunkt des Überfalls aufgenommen worden sein sollen. Eines davon soll zwei der Täter zeigen. Einer von ihnen trägt Uniform und eine schwarze Gesichtsmaske. Das Bild zeigt, wie er das Flughafenpersonal mit einem Gewehr bedroht. Der andere Räuber trägt eine schwarze Sonnenbrille, ein blaues Hemd und eine schwarze Weste.
Laut mehreren Berichten handelt es sich um Banden-Chef Admir Murataj, der eine Silikonmaske getragen hat. Murataj ist kein unbeschriebenes Blatt. Er und seine Bande sollen für drei spektakuläre Banküberfälle verantwortlich sein. 2013 brach er aus dem Gefängnis aus, verwendete 15 verschiedene Identitäten und konnte so untertauchen. Dann begann die Überfallserie. Insgesamt soll die Bande rund 7 Millionen Euro erbeutet haben.
Gefecht mit der Polizei
Doch dieses Mal ging der Raub nicht ohne Probleme über die Bühne. Die Räuber kamen etwa 800 Meter weit, als sie in ein Feuergefecht mit der Polizei verwickelt wurden. Dabei kam laut «balkanweb.com» der Kopf der Bande ums Leben. Die anderen entkamen.
Die Polizei leitete eine umfassende Fahndung ein. Es ist noch nicht klar, wie viel Geld die Räuber erbeutet haben. In Medienberichten war von mindestens zwei Millionen Euro die Rede. Die Nachrichtenseite «balkanweb.com» berichtet, die Gangster hätten zehn Millionen Euro erbeutet.
In der Nähe des Flughafens wurde das ausgebrannte Fluchtauto entdeckt. Ein zweites Fahrzeug, das ebenfalls im Zusammenhang mit dem Überfall stehen könnte, entdeckte die Polizei etwas ausserhalb der Hauptstadt.
Im Zusammenhang mit dem Überfall wurden bald darauf vier Verdächtige festgenommen.
Für die Passagiere bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr, wie es heisst. Das Flugzeug landete mit zweieinhalb Stunden Verspätung in Wien.
Vorerst keine Werttransporte mehr
Ausländische Banken, die Zweigstellen in Albanien unterhalten, schicken immer wieder Geld in harter Währung via Flugzeug nach Wien. Vorerst würden allerdings keine weiteren Werttransporte mehr aus Tirana nach Wien durchgeführt, sagt eine Austrian-Airlines-Sprecherin. Schon in der Vergangenheit seien solche Lieferungen Ziel von Räubern gewesen, einmal am Airport und zweimal auf der Zufahrtsstrasse.
Die organisierte Kriminalität stellt in Albanien ein grosses Problem dar. Die Banden organisieren sich oft entlang von Clan-Strukturen, die für die Strafverfolgungsbehörden schwer zu durchdringen sind. Zuletzt war vor drei Jahren ein Geldtransporter auf ähnliche Weise auf dem Flughafen von Tirana ausgeraubt worden. (vof/noo/SDA)