Aischa Gaddafi ist die einzige leibliche Tochter von Muammar al-Gaddafi. Sein Augapfel und ganzer Stolz. «Sie ist», so soll der libysche Machthaber einmal gesagt haben, «ganz und gar mein Fleisch und Blut».
Die blonde, schlanke 34-Jährige gilt als «Libyens Claudia Schiffer» und steht in ihren Hasstiraden ihrem Vater in nichts nach. Sie verehrt die irische Terrorgruppe IRA. Und behauptet, Ex-US-Präsident Ronald Reagan habe mit seiner Alzheimer-Erkrankung «seine gerechte Strafe» erhalten.
Aischa genoss ihre Ausbildung zur Anwältin an besten westlichen Universitäten. Um dann 2004 den irakischen Massenmörder Saddam Hussein zu vertreten. «Die Medien taten alles, um ihn unmenschlich hinzustellen», begründete sie ihr Engagement damals. Später soll Aischa Gaddafi aber auch den so genannten irakischen Schuhwerfer verteidigt haben. Getrieben wohl von ihrem Hass auf die USA.
Auch auf die Schweiz ist die libysche Anwältin nicht gut zu sprechen. Denn es war Aischa, die ordentlich Öl ins Feuer goss, als ihr Bruder Hannibal in Genf inhaftiert worden war. Sie nahm entscheidenden Einfluss auf den Verlauf des Disputes Schweiz-Libyen. Das machen die von Wikileaks veröffentlichen US-Diplomatendepeschen deutlich.
Hannibal als Opfer
Nachdem die Genfer Hannibal al-Gaddafi nach seiner Prügelorgie gegen Angestellte festgenommen hatten, stürmte eine zornentbrannte Aischa vor die Medien und schrie auf Arabisch, die sei Verhaftung «illegal, rassistisch und antiarabisch». Ihre Tirade endete mit «Auge um Auge, Zahn um Zahn! Wer angefangen hat, ist im Unrecht!»
Aischa steht ihrem Prügelbruder von den Gaddafi-Geschwistern am nächsten. Sie soll, so kabelten US-Diplomaten nach Washington, ihrem Vater Muammar «eine durchdachte Version der Vorkommnisse in Genf durchtelefoniert haben, um zu verhindern, dass Hannibal als Schuldiger dasteht.»
Sie limitierte von Anfang an den Verhandlungsspielraum
Denn Gaddafi Senior wusste sehr wohl, dass Hannibal kein Unschuldslamm, sondern das Schwarze Schaf der Familie ist. Er legte sich immer wieder mit Polizei und Behörden im Ausland an. Dem liybschen Herrscher war zu diesem Zeitpunkt aber daran gelegen, die Verhandlungen mit der EU weiterzutreiben. Einen Disput mit der Schweiz konnte er weniger brauchen.
Aber Aischa tat alles, um ihren Lieblingsbruder in Schutz zu nehmen und ihn als Opfer von Polizeiwillkür darzustellen. In den Diplomatendepeschen heisst es weiter: «Der Schweizer Botschafter sagte uns, dass Aischa ihrem Vater eine mehr als ungenaue Beschreibung der Umstände über Hannibals Verhaftung und dessen Behandlung in Genf durchgegeben haben muss.» Dadurch habe Aischa den Verhandlungsspielraum für einen Kompromiss zwischen libyschen und Schweizer Vertretern in der Affäre von Anfang an limitiert.
Krise schweisste Geschwister zusammen
Weiter heisst es: «Die Schweizer Krise, zusammen mit anderen familiären Ereignissen, hat Aischa mit ihren jüngeren Brüdern Hannibal, Saadi und Saif al-Arab enger zusammengeschweisst.»
Bruder Muatassim sei von Anfang an für ein hartes Durchgreifen den Schweizern gegenüber gewesen. Er stärkte Aischa den Rücken gegenüber dem Vater. Der zweitälteste Gaddafi-Sohn Saif al-Islam sprach sich für einen moderateren Umgang aus, während die Söhne Khamis und Mohammed sich in dieser Frage neutral verhielten.
In der aktuellen Krise in Libyen soll Aischa ihrem Vater beistehen. Gerüchte, wonach sie bei Ausbruch der Revolte versucht habe, nach Malta zu fliehen, tat sie bei einem Auftritt im libyschen Staatsfernsehen ab: «Ich sage den Libyern und Libyerinnen, die mich lieben und die ich liebe und die mich gut kennen, dass ich ebenso standfest wie dieses Haus hier stehe.»