Sie warteten 17 Monate darauf. Gestern konnten Mike B.* (18), Benji D.* (18) und Ivan Z.* (18) ihr Urteil entgegennehmen. «Ruhig und gelassen», wie der Sprecher des Münchner Oberlandesgerichts sagte. «Eine äussere Reaktion war ihnen nicht anzumerken.»
Vielleicht war den drei Prüglern von der Zürcher Goldküste zu klar, was ihnen blühte: noch einige Jahre Gefängnis.
Am 30. Juni 2009 nachts, während einer Schulreise in München, waren sie auf Tour gegangen: Anführer Mike und seine Mitläufer Benji und Ivan hatten wahllos Obdachlose im Nussbaumpark verprügelt. Und am Ende auch den Versicherungskaufmann Wolfgang O.* (46). Als er bereits am Boden lag, hatten sie ihn noch in den Kopf getreten.
Wolfgang O. sass gestern Mittag ebenfalls in der Jugendkammer des Landgerichts München. Im Publikum, so wie die Eltern der drei Angeklagten. Denn Wolfgang O. leidet noch heute unter seinen Verletzungen.
Die Strafen sind hart, aber sie liegen unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft. 7 Jahre Haft kriegt Mike wegen versuchten Mordes an Wolfgang O. und gefährlicher Körperverletzung in vier weiteren Fällen. Benji kriegt für den Mordversuch 4 Jahre, 10 Monate. Ivan war beim Angriff auf Wolfgang O. nicht dabei, und die Obdachlosen-Prügelei wertet das Gericht nicht als Mordversuch. Deshalb wird Ivan mit 2 Jahren, 10 Monaten Haft bestraft. Rund die Hälfte davon hat er bereits in U-Haft abgesessen.
Gerichtspräsident Reinhold Baier bezog die Vorstrafen in der Schweiz – alle von 2008 – beim Urteil mit ein: Benji flog von der Schule wegen Kiffen und Diebstahl, Ivan brach einem Opfer ein Nasenbein. Und Mike brach einem S-Bahn-Passagier gleich mehrfach die Nase. Denn dieser hatte es gewagt, gegen Mikes Rauchen im Zug zu protestieren.
Immerhin: Benji nahm sich die Mahnungen des Richters zu Herzen. Mehrmals hatte Baier die drei gemahnt: Ein Geständnis wirkt sich positiv auf das Urteil aus. Benji wechselte seinen Anwalt und gab dann tatsächlich eine Erklärung ab, «die in Richtung eines Geständnisses ging», so das Gericht. Mike tat es ihm einige Wochen später nach. Nur Ivan Z. hielt bis zuletzt dicht. War das schlau von ihm?
Die Erklärungen spielten jedenfalls eine Rolle, betonte der Richter. Wie gross genau? Das behielt Baier für sich. Möglich, dass Mike ohne Geständnis die vom Staatsanwalt geforderten 9 Jahre gekriegt hätte. Möglich, dass Ivan mit Geständnis noch besser davongekommen wäre.
Doch Mike akzeptiert das Urteil nicht. Sein Anwalt verkündete noch gestern Abend: Wir gehen in Revision.
*Namen bekannt