Bundesrat und Parlament müssen über die Bücher. Die Bürgerinnen und Bürger sind der Politik bei drei von vier Vorlagen nicht gefolgt. Das Medienpaket, das von der politischen Rechten bekämpft wurde, ist ebenso gescheitert wie die Abschaffung der Stempelsteuer, gegen die sich die SP wehrte. Und auch das Tabakwerbeverbot, das linke und Gesundheitskreise lancierten, fand eine Zustimmung. Einzig beim radikalen Tierversuchsverbot waren sich Bürger und Bundesbern einig.
Ein Sieg rechts, zweimal links – die grosse Verliererin ist die Mitte. «Wir haben ein stark angeschlagenes Zentrum», analysiert Politbeobachter Claude Longchamp (64) auf Blick TV die Abstimmungen. Aus Sicht Longchamps schwächelt das Zentrum mit GLP, EVP und der Mitte-Partei. Es spielte am Sonntag zwischen dem linken und dem bürgerlichen Pol keine Rolle.
Kein guter Tag
Mitte-Präsident Gerhard Pfister (59) sagte in der Elefantenrunde von Blick TV selbstkritisch: «Das sollte nicht zu häufig passieren.» Und im SRF doppelte er nach: «Das ist nicht ein Sonntag wie jeder andere für meine Partei.» Nein, es sei ein Sonntag, der für künftige Abstimmungen und die Wahlen 2023 nichts Gutes erahnen lasse.
Die Mitte hatte es nicht geschafft, eine Mehrheit der eigenen Basis hinter sich zu bringen. Die aus der CVP hervorgegangene Mitte hätte sich auf ihre Wurzeln besinnen müssen. Stattdessen haben ihre Parlamentarier mit der Unterstützung der Abschaffung der Stempelabgabe ignoriert, dass für die Mitte jetzt die Familien und der Mittelstand entlastet werden müssten.
Lobby statt Kinderschutz
Es war Parteichef Pfister am Sonntagabend anzumerken, dass er unglücklich war über seine Fraktion, die allzu oft zum Bürgerblock gehören will und lange keine eigene Meinung hat, sondern besonders offen für Ratschläge von Lobbyisten ist.
Das Stimmvolk hat klargemacht, was es davon hält, wenn sich die einstige Familienpartei auf die Seite der Tabaklobby schlägt, statt Minderjährige vor dem Rauchen zu schützen.
In der Bevölkerung hat sich in der Pandemie die Haltung etabliert, dass Gesundheit etwas kosten darf – und dass man Konzernen gegenüber – wie jenen aus der Tabakbranche – kritisch ist.
Wieder auf Linie bringen
Die Mitte müsse ihr Profil schärfen und sich als bürgerliche, aber soziale Kraft etablieren, meint Longchamp. Dann aber hätte die Partei das Nein zur Abschaffung der Stempelsteuer und dafür das Ja zum Werbeverbot beschliessen müssen und sie hätte das Medienpaket nicht überladen dürfen oder auch dieses ablehnen müssen.
Pfister deutet in seinen öffentlichen Äusserungen an, dass er intern in seiner Partei Klartext reden wird.