Ems-Chefin sucht Ingenieure und Verkäufer im Ausland
Sind Ihnen Schweizer nicht gut genug, Frau Martullo-Blocher?

Trotz arbeitslosen Ingenieuren in der Schweiz: Blocher-Konzern schreibt Stellen im EU-Raum aus.
Publiziert: 02.08.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:27 Uhr
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Braucht die EU eben doch: Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher.
Foto: Sabine Wunderlin
Von Christoph Lenz

Die Personenfreizügigkeit wird die Schweiz ruinieren», dozierte Christoph Blocher vor dem Urnengang zur SVP-Zuwanderungsinitiative. Sie nütze vielleicht den Unternehmen, aber den Menschen im Land bringe sie Armut. Bei der Besetzung offener Stellen müsse wieder der Inländervorrang gelten, so Blocher.

Auch seine Tochter und Nachfolgerin an der Spitze des Familienkonzerns Ems liess ihre Sympathien für die SVP-Initia­tive durchblicken.

Jüngst doppelte Magdalena Martullo-Blocher mit einer Schelte der EU-Bildungsprogramme nach. Ihre Kernbotschaft: «Die Schweiz ist top, wir brauchen die EU nicht.»

Blocher-Tochter heizt die Zuwanderung an

Nun zeigt eine BLICK-Recherche bei deutschen Stellenbörsen: Die Tochter von Christoph Blocher heizt die Einwanderung aus der EU selbst an!

Die Ems Group rekrutiert eifrig Personal im Ausland. Auf Online-Portalen wie kunststoffe.de und jobvector.de hat der Blocher-Konzern etliche kostenpflichtige Stelleninserate publiziert. Gesucht werden mehrere Ingenieure, aber auch ein Chemiker und ein Verkäufer.

Arbeitsort ist Domat/Ems GR, Hauptsitz der Ems Group.

Da fragt man sich: Ist es nicht widersprüchlich, die EU-Bildungsprogramme zu verspotten, aber günstige Fachkräfte aus der EU anzuwerben? Wichtiger noch: Wie ernst ist es der Blocher-Familie wirklich mit dem Prinzip «Inländer zuerst»?

Martullo-Blocher gibt an, dass für Ems der Inländervorrang gelte. Die in Deutschland publizierten Stelleninserate habe man zuerst in der Schweiz veröffentlicht. Man sei bestrebt, alle offenen Stellen in Domat/Ems mit Personen aus der Schweiz zu besetzen.

«Gelingt dies nicht, werden auch Bewerbungen aus dem Ausland berücksichtigt.» An den EU-Bildungsprogrammen kritisiere sie, dass nur ein Drittel der Fördergelder der Ausbildung von Fachkräften zugute komme.

Ist unser Bildungssystem schuld?

Die Ems-Chefin schiebt den Schwarzen Peter weiter ans «mangelhafte Schweizer Bildungssystem». Dieses vernachlässige Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Deshalb gebe es zu wenige Fachkräfte für die Industrie. «Im Zusammenhang mit der Zuwanderungsinitiative kommen diese Probleme nun auf den Tisch.»

Ems fördere die MINT-Ausbildung aktiv. Bedenklich sei aber, dass 2013 an der ETH Zürich 40 Prozent und an der EPFL Lausanne 60 Prozent der Neu­studierenden Ausländer mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz waren, so Martullo-Blocher.

Dennoch: Im Inland gibt es viele Arbeitslose, die für die von der Ems in Deutschland ausgeschriebenen Stellen eigentlich passen müssten. Im Juni waren 1889 Schweizer Ingenieure, 588 Chemie- und Kunststoff-Fachkräfte und über 15 000 Personen aus Handel und Verkauf ohne Stelle.

Die Ems, die in der Schweiz rund 1000 Personen beschäftigt, will nicht beziffern, wie viele Angestellte Ausländer sind. Sprecher Conrad Gericke sagt: «Der Ausländeranteil liegt unter dem Schweizer Durchschnitt.»

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