Warum es diese Flüchtlinge nicht in die Schweiz schaffen
Maurers Italien-Reise brachte die Wende

Am 5. Juli war der Finanzminister in Rom. Seither arbeitet Italien an der Grenze eng mit der Schweiz zusammen.
Publiziert: 21.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:19 Uhr
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NabilAbu Salam (20), Lastwagenfahrer.
Foto: Joseph Khakshouri
Simon Marti und Marcel Odermatt

Die SVP feierte ihren obersten Grenzwächter Ueli Maurer (65). An der Delegiertenversammlung in Wettingen AG wurde der Bundesrat gestern besonders warm empfangen. Für die Frauen und Mannen der SVP ist er persönlich verantwortlich für das harte Regime an der Schweizer Südgrenze.

Seit Wochen harren bis zu 500 Flüchtlinge in Como (I) aus. Sie alle wollen in die Schweiz, so auch Fathim Hassan (23, Bild oben), Haushaltshilfe aus Somalia. Doch das Grenzwachtkorps schickt die Migranten konsequent zurück nach Italien, für die meisten gibt es kein Durchkommen.

In einer kurzen Ansprache in Wettingen skizzierte Maurer, Finanzminister und oberster Chef des Grenzwachtkorps, die Lage. Während die Balkanroute gen Norden mehr oder weniger geschlossen sei, bewege sich die Zahl der Flüchtlinge, die in Süditalien ankommen, auf ähnlich hohem Niveau wie im vergangenen Jahr.

Der grosse Unterschied zu 2015, als in der Schweiz beinahe 40'000 Menschen Asyl beantragten, liege im Verhalten der italienischen Behörden. Im Vorjahr hatten sie nur die wenigsten Flüchtlinge bei ihrer Ankunft mit Fingerabdrücken registriert, wie es das Abkommen von Schengen-Dublin eigentlich vorsieht. Entsprechend schwer war es, die Migranten zurückzuschicken. Meist weigerten sich die Italiener, sie zurückzunehmen. Das hat sich nun geändert. «Die Zusammenarbeit mit Italien funktioniert hervorragend», lobt Maurer den südlichen Nachbarn.

Der SVP-Mann selbst war es, der die italienische Regierung Anfang Sommer bat, an der Grenze abgewiesene Migranten doch bitte endlich zurückzunehmen. Am 5. Juli besuchte der Bundesrat den italienischen Innenminister Angelino Alfano (45). Dabei einigten sich die beiden auch auf eine engere Zusammenarbeit beim Grenzschutz. Maurer fand mit seinen Wünschen Gehör: Rom erklärte sich bereit, die Präsenz an der Grenze zur Schweiz zu erhöhen. Im Finanzdepartement jubelt man über diesen Erfolg des Chefs. Dank der Gespräche hätten die Italiener nun endlich Verständnis für die Lage der Schweiz, so ein Vertrauter Maurers. Von allfälligen Gegenleistungen der Schweiz will man hingegen nichts wissen.

Vielmehr habe man gemeinsame Interessen definiert. So etwa in der Frage der Grenzgängerbesteuerung, die in der Vergangenheit für rote Köpfe gesorgt hatte. Tatsächlich sprach Ueli Maurer an diesem 5. Juli nicht nur mit dem für den Grenzschutz zuständigen Minister Alfano, sondern auch mit seinem italienischen Finanzminister-Kollegen Pier Carlo Padoan (66).

Die beiden beteuerten die ­Weiterführung des «bilateralen Finanz- und Steuerdialogs», zu dem eben auch das bereits im vergangenen Dezember abgeschlossene Abkommen über die ­Besteuerung der Grenzgänger gehört. «Wir sprechen die gleiche Sprache», freute sich ein sichtlich zufriedener Maurer nach dem Gespräch mit seinem italienischen ­Gegenüber.

Mit diesem 5. Juli veränderte sich auch die Lage an der Grenze. «Seit dem Besuch von Bundesrat Ueli Maurer in Rom Anfang Juli nehmen die Italiener die abgewiesenen Migranten tatsächlich zurück», bestätigt Roland Liebi (50), Zentralpräsident der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals.

Denn darin liege der Unterschied zum vergangenen Jahr – nicht etwa in einer härteren Gangart der Grenzwache. Es gebe keine Weisung an die Grenzwächter, mit den Migranten strenger umzugehen oder mehr Menschen zurückzuschicken.

Die Kritik der Flüchtlingshilfe weist Liebi ­dezidiert zurück: «Alle Migranten werden gesetzeskonform behandelt.»

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