Herr Gnesa, die EU will die Mission Triton nach den Flüchtlingsdramen verdoppeln. Wie kann sich die Schweiz beteiligen?
Mit finanzieller Unterstützung. Und mit Personal des Grenzwachtkorps. Sie helfen schon heute in Lampedusa bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms. Wenn Triton ausgeweitet wird und die Schweiz um Unterstützung angefragt wird, wird die Schweiz prüfen, inwiefern sie sich an den Anstrengungen beteiligt.
Was machen diese Spezialisten des Grenzwachtkorps genau vor Ort?
Nach Aussagen der Verantwortlichen haben wir keine Spezialisten für die Aufgaben auf Schiffen, weil sie nicht dafür ausgebildet sind. Die Schweizer Experten kommen zum Zug, wenn die Flüchtlinge von den Schiffen kommen. Sie führen beispielsweise Personenkontrollen durch.
Der italienische Premier Renzi will in Libyen Schlepperschiffe zerstören. Hier würde sich die Schweiz wohl nicht beteiligen?
Hier kennen wir die konkreten Vorschläge noch nicht, deshalb kann ich hierzu nichts sagen. Wichtig ist für uns, dass man die Schlepper noch besser bekämpft.
Wieso gelingt es Europa nicht, Asyl-Auffangzentren in Nordafrika zu errichten?
Die EU-Kommission prüft dies einmal mehr. Die Idee ist bestechend. Wenn sie denn funktioniert. Es gibt aber noch einige offene Fragen. Etwa ob die Länder sich bereit erklären, solche Zentren zu dulden. Und unter welchen Bedingungen. Zudem müsste geklärt werden, wer diese Zentren führt. Und was mit jenen Personen passiert, die kein Anrecht auf Asyl haben.
Die EU diskutiert jetzt auch erneut über einen Verteilschlüssel. Dieser soll festlegen, wie Flüchtlinge auf die europäischen Länder verteilt werden.
Einen solchen Schlüssel hat man noch nicht gefunden. Die Schweiz befürwortet einen Verteilschlüssel, der auf der Bevölkerungszahl der einzelnen Länder beruht. Andere Staaten wollen die Wirtschaftsleistung heranziehen. Andere die Grösse des Landes. Und wieder andere würden nur bei Freiwilligkeit mitmachen. Es gibt in Europa derzeit keinen Konsens. Noch nicht. Immerhin hat nun die EU-Kommission in ihrem 10-Punkte-Plan den Willen geäussert, erneut über einen Verteilschlüssel zu diskutieren.
Nach allen Flüchtlings-Katastrophen gibt es Lippenbekenntnisse, dass jetzt gehandelt werde. Dann passiert doch nichts. Wird es diesmal anders sein?
Der politische Druck innerhalb der EU ist jetzt so gross, dass ich zuversichtlich bin, dass man zusätzliche Schritte unternimmt, um diese Tragödie zu stoppen. Das sehr kurzfristige Treffen der Regierungschefs der EU-Staaten am Donnerstag zeigt: jetzt muss etwas geschehen. Es wäre zudem zu begrüssen, wenn die EU auch die Asylstandards in den einzelnen Ländern vereinheitlichen könnte.