GSoA-Mann Jo Lang kritisiert Ueli Maurers Rüstungspläne
«Das ist eine Missachtung des Volkswillens»

Die Armee will von 2015 bis 2020 knapp sechs Milliarden Franken in neues Rüstungsmaterial investieren. Im Interview kritisiert GSoA-Vorstandsmitglied und alt Grünen-Nationalrat Jo Lang Ueli die Rüstungspläne.
Publiziert: 18.05.2015 um 12:25 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 12:25 Uhr
Interview: Ruedi Studer

Herr Lang, genau heute vor einem Jahr hat das Stimmvolk den Gripen abgeschossen. Jetzt macht Blick Ueli Maurers 6-Milliarden-Einkaufsliste publik. Da vergeht Ihnen wohl die Lust am Feiern!

Josef Lang: Der Volksentscheid gegen die Gripen war auch ein Entscheid gegen höhere Rüstungsausgaben. Maurers Rüstungspläne sind damit eine ganz klare Missachtung und Desavouierung des Volkswillens. Und das ausgerechnet von einem SVP-Bundesrat, dessen Partei sich stets auf den Volkswillen beruft.

Mit dem Gripen-Nein sind der Armee 3,1 Milliarden Franken flöten gegangen. Da ist eine Kompensation mit anderem Rüstungsmaterial doch legitim.

Das Volk hat den Gripen nicht zuletzt aus finanziellen Gründen abgelehnt! Die damit eingesparten 300 Millionen Franken pro Jahr müssen dem allgemeinen Budget und Bereichen wie Umwelt, Bildung und Soziales zugute kommen. Aber sicher nicht der Armee.

Das Parlament will das jährliche Armeebudget aber auf 5 Milliarden Franken steigern.

Das ärgert mich enorm, denn die Bürgerlichen verhalten sich in dieser Frage völlig widersprüchlich. Es sind genau jene Bürgerlichen, die scharfe Sparübungen bei Umwelt, Bildung oder Sozialem verlangen, welche gleichzeitig die Militärausgaben erhöhen wollen. Dabei zeigen sämtliche Umfragen, dass die Bevölkerung keine höheren Armeeausgaben will.

Das Parlament will eben Sicherheit in unsicheren Zeiten.

Damit bewegt es sich aber völlig gegen den Trend. Alle westlichen Länder verkleinern seit drei Jahren ihre Armeen und Militärausgaben. Maurer und das Parlament machen das Gegenteil.

Was stört Sie denn besonders an Maurers Einkaufsliste?

Insbesondere die Aufklärungsdrohnen braucht es nicht. Sie sind doppelt fragwürdig. Da die Armee stärker im Innern eingesetzt werden soll, droht eine Überwachung der eigenen Bevölkerung durch solche Drohnen. Das lehnen wir ab! Zum andern werden sie in Israel gekauft. In einem Staat, der das Völkerrecht verletzt und sich an einem «heissen Spot» befindet. Wir sollten Länder im Pulverfass Naher Osten weder Waffen liefern noch von dort Waffen kaufen. Es darf keine militärischen Beziehungen dorthin geben.

Und was halten Sie von der Nachrüstung des F/A-18?

Die ist legitim. Wir haben immer damit argumentiert, dass es den Gripen nicht braucht, weil der F/A-18 ausreicht.

In drei Jahren soll ein neuer Kampfjet evaluiert werden. Was halten Sie davon?

Das Volk hat die Gripen-Beschaffung sicher nicht abgelehnt, damit gleich wieder eine neue Kampfjet-Beschaffung beginnt. Der Fahrplan widerspricht dem Volkswillen. Eine neue Evaluation darf frühestens 2020 beginnen. Die nächste Diskussion über neue Jets macht nur dann Sinn, wenn es um den Ersatz des F/A-18 geht – und der hält bis 2030. Ein Zwischending braucht es nicht.

Vielleicht kommt ein anderer Flieger schon früher: Ein Transportflugzeug für  internationale Friedenseinsätze und humanitäre Einsätze.

Vor genau 10 Jahren ist genau das gleiche Geschäft schon mal abgestürzt – und mit ihm das Rüstungsprogramm 2004. Wir lehnen militärische Auslandeinsätze auch heute ab und sind deshalb gegen ein Transportflugzeug. Schliesslich will Maurer den Flieger auch zur Ausschaffung von Flüchtlingen einsetzen. Das zeigt, das humanitäre Argument ist bloss vorgeschoben.

Der Ständerat hat schon ja gesagt zu Vorstössen für ein neues Transportflugzeug. Wie schätzen Sie die Chancen im Nationalrat ein?

Die Chance ist gross, dass die gleich Konstellation aus Linken, Grünen und SVP wie vor zehn Jahren den Transportflieger ablehnt.

Zum Schluss: Den Fehler, für eine Rüstungsbeschaffung einen Volksentscheid zu ermöglichen, werden Maurer und seine Militärs wohl nie mehr machen.

Das sehe ich nicht so. Mit dem Gripen-Entscheid wurde ein Präjudiz geschaffen. Das kann nur eines bedeuten: Besonders teure Rüstungsvorhaben bedürfen einer referendumsfähigen Vorlage, denn sie gehören vors Volk.

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