«Gute Neuigkeiten, ihr Perverslinge! Angie Varona – die sexy Hure – ist endlich 18 und damit legal in allen 50 Staaten.» Dieser Satz steht auf einer nicht jugendfreien Webseite unter einer Galerie eines Mädchens, das halbnackt in die Kamera grinst. Es ist Angie Varona, eine Teenagerin. Sie ist weder Pornostar noch Fotomodel. Nichts dergleichen – eigentlich nur eine ganz normale junge Frau aus Miami. Wenn nur ihr Körperbau nicht wäre.
Ihre Geschichte beginnt vor vier Jahren, Angie ist damals 14-jährig. Sie ist reifer als ihre Kolleginnen, üppiger, sieht älter aus. Ihre Hüften zwar schmal, doch ihre Oberweite umso ausladender. Dazu trägt sie mit Vorliebe enge Oberteile, kleidet sich vielleicht so, wie sich Mädchen im Teenager-Alter kleiden, will schön und sexy sein.
Account gehackt
Für ihren Freund macht sie eine Serie von Bildern. Nie nackt – aber im Bikini, in Unterwäsche, in engen Tops. Die Bilder stellt sie auf ihren Account auf «Photobucket.com», natürlich versteckt. Es ist ein verheerender Fehler. «Jemand hackte mein Profil und stellte die Bilder in ein Forum», sagt Angie Varona zu «ABCNews».
Die Bilder landen auf «bodybuilding.com», eines der grössten Foren der Welt. Von dort nimmt die Lawine schnell Fahrt auf, ist nicht mehr aufzuhalten. Die Bilder werden in Windeseile im Netz verbreitet, obwohl allen Betrachtern klar ist: Das Mädchen ist minderjährig. Es hindert die wenigsten.
«Käfigfleisch»
Ihre Bilder werden verbreitet, in Sektionen wie «Jailbait» abgespeichert. Derb könnte das mit «Käfigfleisch» übersetzt werden. Für die junge Angie beginnt eine Tortur. «In der Schule riefen sie mir nach, dass ich eine Schlampe sei, ein Porno¬star.» Viele glaubten, dass die Jugendliche die Bilder bewusst verbreitet habe.
Mittlerweile ist sie eine Web-Berühmtheit. Die Kommentare zu ihren Bildern sind teils unreif, teils abscheulich. Und es bleibt nicht bei Pixeln auf dem Bildschirm. Böse Kommentare kommen dazu, häufen sich. «Sie sagten, dass sie mich vergewaltigen würden, weil ich das mit diesen Bildern so wolle», erzählt Varona. «Jemand fand heraus, wo ich wohne und bedrohte mich, fotografierte mein Haus.»
Machtlose Eltern
Den Eltern bleibt nichts anderes übrig, als die Polizei einzuschalten. Ihr Vater Juan sagt: «Du hörst davon, gehst ins Netz und findest Bilder deiner Tochter auf einer Porno-Seite. Es ist schrecklich.»
Zu Beginn versuchen Varonas Eltern noch, die Lawine zu stoppen. Schreiben die Seiten an, die Bilder von Angie veröffentlichen. Vergeblich. Da es keine Nacktbilder sind, läuft es nicht unter Kinderpornographie, ist nicht strafbar. Varonas Eltern müssen dasitzen und zuschauen, wie das Leben ihrer Tochter im Netz ausgebreitet wird, werden Zeuge ihrer virtuellen Vergewaltigung. Angie muss zwei Mal die Schule wechseln. Mittlerweile wird sie zu Hause unterrichtet.
Nur einmal versucht Angie auf «Bodybuilding.com» – dort wo alles seinen Ursprung nahm – mit den Menschen hinter dem Bildschirm zu reden. Die User dort glauben, dass Angie die Bilder bewusst verbreitet hat. Werfen ihr vor, ihr Facebook-Profil nicht genug geschützt zu haben, ihre Bilder bewusst öffentlich gemacht habe. Dass ihr gehacktes Profil ein Märchen sei.
«Fahrt zur Hölle, Bastarde»
In ihrer Naivität versucht Angie, mit den Usern anzubandeln. Schliesslich platzt ihr der Kragen. «Ihr seid so armselig. Wenn ihr glaubt, dass ich das gewollt hätte, warum gibt es nicht schon längst Nacktfotos von mir? Fahrt alle zur Hölle, Bastarde.» Sie postet ein Bild von sich, hält ein Bild in die Höhe: «Fuck off, Bodybuilding.com.» Sie resigniert.
Dem TV-Sender «ABC» gewährte sie nun ein Interview. Wohlwissend, dass sie danach noch berühmter sein würde, dass ihr Name noch mehr verbreitet würde. Sie wolle alle Mädchen da draussen warnen. Gefragt, ob sie die Bilder bereue, antwortet sie: «Zur Hölle, ja.» (num)