Todkranker Präsident, unklare Machtverhältnisse
Droht Algerien ein «islamistischer Frühling»?

Eine stagnierende Wirtschaft, terroristische Gruppierungen und ein schwer krankes Staatsoberhaupt. Algerien wankt.
Publiziert: 22.02.2017 um 10:53 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 21:34 Uhr
Algeriens Präsident Bouteflika ist schwer krank. Seine und damit die Zukunft des Landes sind ungewiss.
Foto: Sidali Djarboub

Alles war schon für den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorbereitet. Wie der Spiegel berichtet, mussten die Bediensteten des algerischen Präsidialamtes Doppelschichten einlegen. Es sollte gestern ein prachtvoller Empfang werden. Doch dann wurde der Staatsbesuch in letzter Minute abgesagt. Der Grund: Algeriens Präsident Abd al-Aziz Bouteflika leide an akuter Bronchitis.

Dass ein Staatsbesuch so kurzfristig abgesagt wird, kommt selten vor. Für Algerien ist das Ereignis aber bezeichnend: Seit langem ist der Gesundheitszustand von Bouteflika kritisch. Zwei Schlaganfälle fesselten den 79-Jährigen an den Rollstuhl. Er kann kaum sprechen. Die Absage zeigt, wie schlecht es wirklich um Algeriens Präsidenten steht. Doch auch seinem Land geht es alles andere als gut.

Wer regiert hinter Bouteflika das Land?

Bouteflika ist seit seinen beiden Schlaganfällen kaum noch in der Lage, Algerien zu regieren. Unklar ist, wer die politischen Fäden im Hintergrund zieht. Laut dem «Spiegel» kommen zwei Personen als Strippenzieher im Hintergrund in Frage. Zum einen der gut zwanzig Jahre jüngere Bruder des Präsidenten, Said Bouteflika. Er entscheidet wer, wo und wann man seinen Bruder sehen darf. Zum anderen Generalstabschef Ahmed Gaid Salah. Der Kopf des Militärs verfügt über zahlreiche Beziehungen und Macht. 

Wer tatsächlich regiert, bleibt offen. Algerien ist eine Blackbox. Doch bräuchte das Land gerade jetzt eine klare Führung. Ein «islamistischer Frühling» könnte das Land in ein Chaos stürzen.

Algerien hat grosse Probleme

Dem nordafrikanischen Staat droht der wirtschaftliche Zusammenbruch. Erdöl und Gas hatten die Wirtschaft einst florieren lassen. Doch die Preise sind gefallen. Abgesehen davon, gibt es kaum Industrie. Terrorismus, Flüchtlingsströme und Korruption erschüttern das flächenmässig grösste afrikanische Land.

Um den Haushalt zu regulieren, wird an vielen Ecken gespart. Wie die Zeitung «Welt» berichtet, wurden kürzlich sogar staatliche Subventionen für Brot oder Milch gekürzt. Dazu kommen eine anhaltende Inflation und Arbeitslosigkeit.

Die Menschen sind unzufrieden. Aufstände wie in den Nachbarländern Tunesien und Libyen gab es trotzdem noch keine – zumindest bisher. 

Terror bedroht das Land

Mit dem Tod von Bouteflika könnte sich das jedoch ändern. Dschihadisten wollen sich die Kontrolle über die Öl- und Gasfelder erkämpfen. Vor drei Jahren schon besetzten islamistische Fundamentalisten ein Gasfeld und nahmen Geiseln. BLICK berichtete damals über die spektakuläre Flucht der Geiseln. Mehr als 90 Menschen kamen ums Leben. (jmh)

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