Diesen Pendler-Ärger kennt jeder: Der Zug ist rammelvoll, freie Plätze gibt es höchstens noch vereinzelt. Ein ganzes Abteil für die vierköpfige Familie? Absolutes Wunschdenken! Vernünftig also, wer für den Wochenendausflug im Voraus die Sitzplätze reserviert. Im Ausland ist das ja schon lange üblich, hierzulande hat sich das System wenig durchgesetzt.
Dafür plädiert auch SBB-Personenverkehrs-Chefin Jeannine Pilloud (52) in ihrer letzten Kolumne im «Blick am Abend». Nachdem sie über Ostern bei der Fahrt ins Tessin mehrheitlich stehen musste, schreibt sie: «Ich werde wohl meine Gewohnheiten ändern müssen, wie das die vielen klugen Leute, die ihren Platz im Voraus gesichert hatten, gemacht haben.»
Allerdings: Jede Sitzplatzreservation kostet eine Gebühr. Dafür zahlt der Fahrgast fünf Franken – pro Sitzplatz. Die vierköpfige Familie muss für den Wochenendausflug ins Tessin pro Weg 20 Franken zusätzlich drauflegen.
Indirekter Preisaufschlag
Das passt Pro Bahn, der Lobbyorganisation der Bahnkunden, überhaupt nicht: «Die Reservation müsste kostenlos sein, weil sie ansonsten zu einem indirekten Preisaufschlag führt», wettert Präsidentin Karin Blättler (54). Und selbst wer sich mit dem Aufschlag abgefunden hat, ist nicht sorgenlos. «Wir erhalten immer wieder Rückmeldungen, dass die besetzten Sitzplätze oft nicht problemlos oder gar nicht freigegeben werden», sagt sie.
Bei den Preisen wollen die SBB nicht Hand bieten, bei den falsch besetzten Sitzplätzen dagegen schon. «Selbstverständlich hilft unser Personal, falls ein reservierter Sitzplatz besetzt sein sollte», sagt Sprecher Daniele Pallecchi. Zu den Kosten wollte er sich nicht äussern.
Doch wann lohnt sich eine Reservierung? «Die SBB empfehlen seit jeher, an den stärksten Reisetagen wie beispielsweise Ostern, Pfingsten, Brücken-Wochenenden oder Weihnachten, Sitzplätze zu reservieren», sagt Pallecchi.