Irgendwann war es soweit. Über zehn Jahre hat die Kantonsschule Baden auf diesen Moment gewartet. Warum es jetzt klappt, weiss im Aargau niemand so genau. Jedenfalls hiess es auf einmal: «Ja, ihr dürft rein». Und drin sein, das bedeutet am WEF in Davos: rein ins Kongresszentrum. Das wurde zuvor noch keiner anderen Schule erlaubt. Auf der Teilnehmerliste stehen CEO, Präsidenten, Prinzen. Den Eintritts gibts ab 30'000 Franken.
Die Badener sind eingeladen – als Gäste des WEF
Der Zufall will es, dass sich für besagten Freitag noch ein anderer Besucher angemeldet hat. US-Präsident Donald Trump soll dann seine Rede halten. Wenn er denn kommt. Vielleicht also werden die Schüler Zeugen eines historischen Moments.
Baden, eine Woche vor dem grossen Tag. Das Wochenende naht. Die meisten Schüler zieht es zügig vom Campus weg. «Wenn ich Trump sehe, werde ich schon die Fassung verlieren. Aber nur für mich. So, dass es keiner merkt», sagt Dominic Bachofen (20). Er sitzt mit vier anderen Schülern im Café der Kanti. Letzte Details werden besprochen, etwa, was sie anziehen werden. «No tie», keine Krawatte, lautet der Dresscode. Die fünf Schüler mit Schwerpunkt Wirtschaft und Recht und fünf Lehrer dürfen ins Kongresszentrum. Sechzig Schüler hatten sich beworben, die fünf haben sich durchgesetzt. Dafür mussten sie ein Motivationsschreiben verfassen. Einige schrieben auf Englisch.
Vor einem Jahrzehnt gehörte es sich für die Jugend, gegen die Globalisierung zu demonstrieren. In Städten wie Bern, Zürich oder Winterthur wäre es schlecht angekommen, sich als Jugendlicher als WEF-Teilnehmer zu outen. Die Zeiten haben sich geändert.
Christoph Lanter (20) bezeichnet den Ausflug als einmalige Chance. Vielleicht komme er ja mit dem einen oder anderen Wirtschaftskapitän ins Gespräch. Ihn interessieren besonders die Manager von Blackrock, des grössten Vermögensverwalters der Welt. Ausserdem will Lanter in Davos die Politiker studieren, wenn sie schon einmal neben ihm stehen. Etwa, wie sie sich ausdrücken: «Und ich will sagen können, dass ich mit einem bekannten Namen geredet habe».
Dominic Bachofen sieht die Sache ähnlich. «Ich werde keine Berührungsängste haben. Wer neben mir steht, kann angesprochen werden», sagt er. Am Ende des Tages möchte er sagen können, dass er mit jemandem gut diskutiert habe.
Extra Visitenkarten fürs WEF
Einen Schritt weiter geht Renier van Breda (19). Fürs WEF hat er sich extra Visitenkarten drucken lassen. 250 Stück. Darauf steht gross sein Name. Und seine Kontaktdaten. Die Bezeichnung «Schüler» hat er weggelassen. Man solle ihn einfach als die Person sehen, die er sei. «Vielleicht bekomme ich einen Anruf von einem CEO», sagt er. Sein Minimalziel ist, möglichst viele seiner Karten loszuwerden. Seine Mitschüler lachen. Einer sagt, er hätte auch Visitenkarten machen sollen.
Valérie Hug (19) möchte einmal in die Entwicklungshilfe. Von den NGOs würden viele ans WEF kommen. Darum sei das Forum eben beides: «Soziales Gewissen und auch die grossen Geschäfte». Das WEF bringe sicher nicht alles in Ordnung, «aber ein Dialog hilft immer».
«Ob das WEF der Welt etwas bringt, werde ich sehen, wenn ich dort bin», sagt Ella Laura Novak (19). Sie will herausfinden, wieso genau diese Leute die Elite sind. «Was macht ein Trump aus. Was ist anders an ihnen», sagt sie.
In Davos werden die Badener wie jedes Jahr auch am Open-Forum teilnehmen. Dort machen sie in Diskussionsrunden mit, haben ein Programm. Für den Freitag im Kongresszentrum gilt das nicht. Sie können sich treiben lassen. «In Davos weiss man nie so genau, was passieren wird», sagt Wirtschaftslehrer Michael Stutz. Es wird spannend. Ob mit oder ohne Trump.