Stress, Konflikte und mehr Arbeit
Self-Checkout hat bittere Folgen für Kassiererinnen

Self-Checkout-Kassen sind mittlerweile weit verbreitet. Das hat Folgen für den Job der Angestellten im Detailhandel. Eine neue Studie erforscht, welche neuen Aufgaben ihre Zeit in Anspruch nimmt und was ihnen Sorgen macht.
Publiziert: 11.10.2018 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2018 um 11:02 Uhr
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Bereits über 4000 Self-Scanning-Kassen stehen bei Coop und Migros in der Schweiz. Für Kunden soll sich damit die Wartezeit beim Bezahlen verringern.
Foto: Keystone

In vielen Geschäften haben Kunden mittlerweile die Wahl: Sie scannen ihre Ware selbst ein oder stellen sich an der Kasse an und lassen das Personal die Arbeit machen. Das Ziel: Kunden sollen weniger lang warten müssen. Insgesamt «arbeiten» bei Migros und Coop bereits über 4000 Self-Scanning-Kassen.

Keine Wahl haben meist die Angestellten. Hält Self-Checkout im Laden Einzug, dann verändert das ihren Job. Was genau passiert mit der Arbeit und was Angestellte im Detailhandel davon halten, das hat die Gewerkschaft Unia untersucht.

Regale auffüllen und kontrollieren

Der Kassenbereich sei ein Paradebeispiel für den Wandel im Detailhandel, hält sie fest. Für Angestellte bedeute das stärkerer Druck und mehr Aufgaben bei immer weniger Personal. Viele würden befürchten, dass auch ihr Job verschwinde, etwa weil sie «ganz von Maschinen ersetzt werden». Ganz unbegründet ist das nicht. In den USA betreibt Amazon bereits einen Laden ganz ohne Kassen. Angestellte braucht es dann nur noch, um die Regale aufzufüllen und allenfalls den Kunden zu helfen, die Produkte zu finden.

Obwohl der Schweizer Detailhandel noch nicht so weit ist, hat sich auch hierzulande der Kassierer-Job bereits gewandelt. Auch hierzulande füllen die Angestellten Regale auf. Daneben erklären sie den Kunden die neuen Systeme zum Scannen und Bezahlen.

Die wichtigste Funktion sei jedoch die Überwachung und Kontrolle. Das zeigen Studien-Interviews mit Betroffenen. Dabei komme es auch zu Konflikten – etwa bei Alkoholkäufen und bei den standardmässigen Kontrollen. Eine Kollegin sei von einem Kunden sogar physisch angegriffen worden, erzählt eine Angestellte. Das, weil sie ihn zur Rede stellte, weil er nicht bezahlt hatte. Gerade Frauen müssten sich viel gefallen lassen.

Fehlender Kundenkontakt und Stress

Den Kassenjob vermissen viele, weil sie dort mehr sozialen Kontakt mit den Kunden hätten. Für vier der Befragten war das sogar der Hauptgrund für ihre Jobwahl. «Den Kontakt zur Kundschaft dürfen wir nicht verlieren, das wäre schade, das macht mir Angst», sagt eine der Interviewten. Und eine Kollegin bemängelt: «An den Self-Checkout-Kassen, das ist man wie eine tote Materie, da kann man nicht reden, ... weil du viel zu viel gleichzeitig machen musst.»

Auch der Stress macht vielen zu schaffen. Statt entweder an der Kasse zu sitzen oder Regale aufzufüllen, müssten sie bei den Self-Checkout-Kassen beides machen. Ein ständiges Hin- und Herrennen sei es – forderten Kunden Hilfe an, dann seien sie an den Kassen gefragt, die übrige Zeit müssten sie anderswo im Laden arbeiten. «Für eine Person ist das eigentlich nicht machbar», hält eine 54-jährige Angestellte fest.

Die Gewerkschaft fordert die Arbeitgeber zum Handeln auf. Die Digitalisierung dürfe beim Personal nicht nur negative Folgen haben. Sie fordert eine Aufwertung des Verkaufsberufs und der Löhne.

Migros und Coop weisen Kritik zurück

Coop-Sprecherin Yvette Petillon betont, die eigenen nationalen Mitarbeiterumfragen ergäben ein anderes Bild als die veröffentliche Studie. Der Schutz und die Gesundheit der Mitarbeitenden sei Coop sehr wichtig. Die Unia-Ergebnisse würden mit Sozialpartnerin Unia besprochen.

Die Migros nehme ihre Verantwortung als Arbeitgeberin und somit auch den Schutz ihrer Angestellten sehr ernst, sagt Migros-Sprecher Patrick Stöpper seinerseits. Themen wie die Diskriminierung von Frauen oder Teilzeitangestellten würden scharf verurteilt.

Migros prüfe die Arbeitsbedingungen der Angestellten regelmässig, auch in Zusammenarbeit mit den internen und externen Sozialpartnern  – unter anderem der Landeskommission der Migros und der Personalkommission der Migros-Unternehmen. (jfr)

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