Der Frankenschock nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses vor zweieinhalb Jahren ist fast vergessen. Die Schweizer Wirtschaft hat sich mit dem gestiegenen Wert der heimischen Währung arrangiert – denkt man.
Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Industrie sehen es anders. Sie laufen auf dem Zahnfleisch. Und haben jetzt ein weiteres Problem. «Wir würden gerne investieren, doch das war in den letzten drei Jahren kaum möglich», sagt Urs Mettler (57), Mitbesitzer der Mettler GmbH in Ibach SZ. «Neue Maschinen, Ausbildung, Entwicklung und Werbung bleiben auf der Strecke.» Der 22-Mann-Betrieb ist auf das Fräsen hochkomplexer Metallteile spezialisiert, von der E-Zigarette bis zu Komponenten für Atomkraftwerke.
Bank-Investitionen würden wohl hohe Zinsen nach sich ziehen
«Die Maschinen laufen acht bis zehn Jahre. Wir haben 20 Maschinen, müssten also pro Jahr zwei ersetzen.» Seiner Firma ginge es nicht schlecht, wäre da nicht der Investitionsstau. Das Problem sind die Banken. Urs Mettler: «Würde ich zur Bank gehen, würden sie die Bücher der letzten zwei, drei Jahre anschauen. Das sind genau die, in denen es schlecht lief.» Er vermutet, dass er hohe Zinsen zahlen müsste, damit sich die Banken überhaupt auf einen Deal einliessen.
Daniel Arn (52), Vizepräsident des KMU-Verbandes Swissmechanic, bestätigt diese Sicht: «Wir hören von Fällen, wo die Zinsen sieben oder acht Prozent betragen.» Er nimmt die Finanzinstitute in die Pflicht: «Die Banken haben auch eine gewisse Verantwortung für die Schweizer Volkswirtschaft» und sollten sie auch endlich wahrnehmen. «Start-ups haben offenbar kein Problem, an Geld zu kommen. Obwohl da unklar ist, ob die je etwas verdienen», so Arn, der selbst ein Industrie-KMU führt. «Aber die bodenständigen, rustikalen Betriebe, die es schon lange gibt, bekommen kein Geld. Das ist offenbar zu wenig sexy.»
Gefangen in einem Teufelskreis
Die KMU sehen sich in einem Teufelskreis. Ohne Investitionen können sie sich nicht für die Zukunft fit machen. Damit steigen die Hürden für Kredite weiter. Eine Umfrage von Swisschmechanic bei ihren Mitgliedern zeigte: 27 Prozent der Unternehmen gaben an, keinen Kredit zu bekommen; weitere 26 wollten nichts zum Thema sagen. Für Arn ist dies ein Alarmzeichen: «Es geht nicht darum, Firmen ohne Zukunft zu retten, sondern darum, solche mit Zukunft nicht unnötig sterben zu lassen.»
In der vom Bund in Auftrag gegebenen «Studie zur Finanzierung der KMU in der Schweiz» vom Juni heisst es: «Jedes zwölfte KMU fühlt sich entmutigt und hat deshalb trotz Finanzierungsbedürfnis keinen Kreditantrag eingereicht.»
Zwei Gründe sorgten dafür, dass es die KMU gar nicht erst probieren: Einerseits verlangten die Banken «zu hohe Sicherheiten», andererseits sei der Prozess, um überhaupt einen Kredit zu bekommen, den befragten KMUlern «zu mühsam».
Studie sieht auch Chancen
Im Gegensatz zu Swissmechanic sieht die Studie aber Chancen: «Der Zugang zu Fremdkapital in Form von Bankkrediten ist gegeben.» Arn hält dagegen: «Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder sagt, dass sie nicht zu vernünftigen Konditionen zu Krediten komme.»
Die KMUler werfen Politik und Banken vor, ihre Situation zu verkennen: «Je kleiner ein Betrieb ist, desto weniger Möglichkeiten hat er.» Während grössere Unternehmen mit ihrer Produktion ins Ausland ausweichen können, würden KMU einfach vergessen. «Wenn ein Kleinbetrieb die Hälfte seiner Angestellten entlässt, fällt das niemandem auf.» Dies aber passiere laufend.
«Geld kommt nicht zu denen, die es bräuchten»
«Es gibt sehr viel Geld in der Schweiz. Aber es kommt nicht zu denen, die es bräuchten», klagt auch Unternehmer Mettler. «Das Geschäft mit den Risiken wäre das klassische Geschäft der Banken. Doch die sind seit der Finanzkrise risikoscheu geworden.»
KMU, so Mettler, seien das Fundament der Schweiz. Doch es bröckle weg. «Bis vor zehn Jahren war es ein gutes Geschäft, ein KMU zu gründen und zu betreiben. Mittlerweile wollen die Leute das nicht mehr. Ich verstehe sie.» Er arbeite gerne. «Aber wie es nach der Pensionierung weitergeht, weiss ich nicht.»
Die kleinen Maschinenbauer machen den Banken heftige Vorwürfe: Sie bekämen derzeit kaum Kredit. Wenn überhaupt, erhielten sie nur zu extrem ungünstigen Konditionen eine Finanzierung, klagen Mitglieder von Swissmechanic.
Bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, dem Dachverband der Banken, kann man die Vorwürfe der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus der Metallbranche nicht nachvollziehen.
Finanzierungssituation von KMU sei gut
«Die Banken in der Schweiz nehmen ihre Verantwortung als Motor der Wirtschaft ungebrochen und gegenüber allen Unternehmensarten wahr! Seit der Einführung von Negativzinsen und der Aufhebung des Euro-Mindestkurses ist die Finanzierungssituation von Schweizer KMU unverändert gut geblieben», lässt sich Martin Hess (48) zitieren, Leiter Wirtschaftspolitik bei der Bankiervereinigung.
Zu hohe Risiken
Ähnlich klingt es, wenn man mit Bankern aus dem Firmenkundengeschäft spricht. Die Ablehnungsquote bei Krediten sei stark gesunken, ist zu hören. Und die Nationalbank befürchtet, einzelne Geldinstitute gingen bei Firmenkrediten zu hohe Risiken ein – weil sie das Geld lieber ausleihen, als es zu Negativzinsen bei der SNB zu parkieren.
Strukturen fehlen
Fakt ist: In der Schweiz gibt es genug Geld für alle Firmen, die in ihre Zukunft investieren oder den Maschinenpark erneuern wollen. Es gibt aber auch ein Problem: Zum Teil fehlen die Strukturen, um kleine Firmen auf unkonventionelle Weise mit Krediten zu versorgen.
Obligation
Swissmechanic prüft derzeit Möglichkeiten, dies zu ändern. Hinzu kommt, dass sich Firmen in der Schweiz meist über Bankkredite finanzieren. Selbst Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen, etwa als Obligation, ist als Finanzierungsmethode nicht so verbreitet wie in den USA.
Wer Geld in ein Start-up investiert, etwa in eine neue App, der hofft, dass sie ein grosser Erfolg wird und er als Investor daran teilhaben kann. Doch für diese Art der Finanzierung gelten nun einmal völlig andere Spielregeln als bei Bankkrediten für KMU.
Die kleinen Maschinenbauer machen den Banken heftige Vorwürfe: Sie bekämen derzeit kaum Kredit. Wenn überhaupt, erhielten sie nur zu extrem ungünstigen Konditionen eine Finanzierung, klagen Mitglieder von Swissmechanic.
Bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, dem Dachverband der Banken, kann man die Vorwürfe der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus der Metallbranche nicht nachvollziehen.
Finanzierungssituation von KMU sei gut
«Die Banken in der Schweiz nehmen ihre Verantwortung als Motor der Wirtschaft ungebrochen und gegenüber allen Unternehmensarten wahr! Seit der Einführung von Negativzinsen und der Aufhebung des Euro-Mindestkurses ist die Finanzierungssituation von Schweizer KMU unverändert gut geblieben», lässt sich Martin Hess (48) zitieren, Leiter Wirtschaftspolitik bei der Bankiervereinigung.
Zu hohe Risiken
Ähnlich klingt es, wenn man mit Bankern aus dem Firmenkundengeschäft spricht. Die Ablehnungsquote bei Krediten sei stark gesunken, ist zu hören. Und die Nationalbank befürchtet, einzelne Geldinstitute gingen bei Firmenkrediten zu hohe Risiken ein – weil sie das Geld lieber ausleihen, als es zu Negativzinsen bei der SNB zu parkieren.
Strukturen fehlen
Fakt ist: In der Schweiz gibt es genug Geld für alle Firmen, die in ihre Zukunft investieren oder den Maschinenpark erneuern wollen. Es gibt aber auch ein Problem: Zum Teil fehlen die Strukturen, um kleine Firmen auf unkonventionelle Weise mit Krediten zu versorgen.
Obligation
Swissmechanic prüft derzeit Möglichkeiten, dies zu ändern. Hinzu kommt, dass sich Firmen in der Schweiz meist über Bankkredite finanzieren. Selbst Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen, etwa als Obligation, ist als Finanzierungsmethode nicht so verbreitet wie in den USA.
Wer Geld in ein Start-up investiert, etwa in eine neue App, der hofft, dass sie ein grosser Erfolg wird und er als Investor daran teilhaben kann. Doch für diese Art der Finanzierung gelten nun einmal völlig andere Spielregeln als bei Bankkrediten für KMU.