SEF 2017
Leuthard fordert von KMU mehr Mut bei Digitalisierung

In ihrer Eröffnungsrede am Swiss Economic Forum (SEF) in Interlaken hat Bundespräsidentin Doris Leuthard die Offenheit der Schweiz verteidigt. Sie pries den globalen Freihandel und wies auf die zentrale Bedeutung der Digitalisierung hin.
Publiziert: 01.06.2017 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:50 Uhr
Die Eröffnungsrede von Bundespräsidentin Doris Leuthard am 19. Swiss Economic Forum SEF war ein Plädoyer für eine offene Schweiz, Freihandel und Digitalisierung. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Foto: KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Der Trend hin zu mehr Protektionismus bereitet Bundesrätin Leuthard Sorge. Gemäss dem Global Trade Alert seien die USA seit 2008 jenes Land, das am meisten protektionistische Gesetze und Verordnungen erlassen habe, über 1000 an der Zahl.

Demgegenüber habe die Schweiz im selben Zeitraum nur gerade 19 handelspolitisch negative Eingriffe getätigt, sagte Leuthard und wehrte sich damit indirekt gegen Vorwürfe, wonach der Bundesrat den Unternehmen das Leben schwer mache.

Mit Blick auf die internationale Entwicklung bezeichnete die UVEK-Vorsteherin die Öffnungsszenarien, wie etwa die Freihandelsabkommen TTIP und TTP als klinisch tot. Auch in den Pressecommuniqués der G20 sei nicht mehr viel von offenen Märkten und freiem Handel zu lesen.

Stattdessen treten laut Leuthard neue Koalitionen auf den Plan. Sie verwies etwa auf den Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jingpin im Januar in der Schweiz zur Stärkung der Handelsbeziehungen. Im laufenden Jahr werde man darüber hinaus mit Indien oder Indonesien die Beziehungen pflegen.

Aber auch Europa bleibe ein wichtiger Partner für die Schweiz, unterstrich Leuthard. «Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass wir die Zusammenarbeit mit Europa suchen und die Probleme lösen müssen», sagte sie.

Nachdem wichtige Dossiers in den Beziehungen mit der EU während beinahe drei Jahren liegen geblieben seien, wachse nun in Europa die Überzeugung, dass die Schweiz ein wichtiger Partner sei.

Die Schweiz brauche Verbündete. Das Land sei auf Marktzugang, starke multilaterale Regeln und gleichlange Spiesse für alle angewiesen. Nur so hätten die hiesigen Exportunternehmen die Möglichkeit, ihre Innovationen, Produkte und Dienstleistungen weltweit anzupreisen. Der Rückzug ins Reduit sei deshalb der falsche Weg, sagte Leuthard.

Den anwesenden Wirtschaftsvertretern wand die Bundespräsidentin ein Kränzchen. Sie hätten die Wirtschaftskrise und den Frankenschock hervorragend gemeistert, und sie hätten es geschafft, die Poduktionskosten zu senken. Egal wo auf der Welt sie sei, überall werde sie um den Unternehmergeist der Schweiz beneidet. «Das macht mich stolz», sagte Leuthard und erntete für diese Aussage spontanen Applaus im Saal.

Nach den vielen lobenden Worten übte die Bundesrätin aber auch Kritik. Die Schweiz sei noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen. Laut dem IMD-World-Competitiveness-Report sei die Schweiz bei der generellen Wettbewerbsfähigkeit zwar hinter Hongkong auf Platz zwei. Bei der digitalen Wettbewerbsfähigkeit liege sie dagegen lediglich auf Platz 8. Das sei zu wenig.

Der Bundesrat beschäftige sich seit längerem damit, wie die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung und die Ausbildung optimiert werden könnten. Auch gebe es tolle Ideen an den Hochschulen und Universitäten.

Doch bei vielen KMU und auch in der Gesellschaft spüre sie noch eine grosse Skepsis gegenüber der Digitalisierung. Hier müsse ein Sinneswandel stattfinden, denn es seien bei jeder Stufe der Industrialisierung die Chancen für die Schweiz grösser gewesen als die Risiken.

Als Beispiel für die digitale Rückständigkeit nannte Leuthard die elektronische Identitätskarte. Diese sei in vielen Ländern bereits Tatsache. In der Schweiz werde nun schon seit 10 Jahren darüber diskutiert, aber passiert sei noch nichts. Man habe viel Zeit verloren mit Bedenken zum Datenschutz, doch nun brauche es endlich Entscheidungen. Es gebe auch Druck aus der Wirtschaft, eine E-ID einzuführen.

Die elektronische Identitätskarte eröffne für die Mobilität, im Gesundheitswesen und für die Behördenadministration riesige Vorteile. Heute gebe es in der Schweiz de facto 2000 Behördenplattformen, die jährlich über 100 Millionen Franken Betriebskosten verursachte.

Die Aufgabe des Bundesrates sei es nun, den Bürgern die Vorteile dieser Neuerung aufzuzeigen. Nach wie vor könne jeder selber über seine Daten bestimmen und vieles sei mit Gewinn an Lebensqualität verbunden. «Das müssen wir hinkriegen», appellierte die Bundespräsidentin.

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