Nachfolge von Schoggigesetz
Bauern fürchten Millionen-Geschenk

Der Bundesrat will den Milchbauern Millionen-Zulagen geben. Doch viele wollen das Geld nicht – denn die Branche will es vor allem den Verarbeitern auszahlen.
Publiziert: 15.01.2017 um 12:26 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:57 Uhr
Stefan Kohler von der Branchenorganisation Milch (BOM): «Keine Drohkulisse aufbauen.»
Foto: Peter Mosimann
Vinzenz Greiner

Das «Schoggigesetz» läuft aus. Bis 2020 müssen die darin geregelten Export-Subventionen für landwirtschaftliche Produkte abgeschafft werden. Damit Milchprodukte dennoch konkurrenzfähig im Ausland bleiben, hat der Bundesrat eine Vorlage zur Nachfolge des Gesetzes entworfen, die bis Donnerstag in der Vernehmlassung steht. Der Bundesrat will als Ersatz für die wegfallenden Subventionen 56,6 Millionen Franken pro Jahr «direkt an die Milchproduzenten» auszahlen. Doch einige wollen das Millionengeschenk gar nicht.

Milchbauern werden zu «Durchlauferhitzern»

Gelder, die nicht beim Produzenten blieben, sollten auch nicht an ihn ausbezahlt werden, heisst es in einem Schreiben des Zürcher Bauernverbandes (ZBV). ZBV-Vizepräsident Andreas Buri (51): «Das Geld wird grösstenteils der verarbeitenden Industrie zugutekommen.» Milchbauern würden zu «Durchlauferhitzern» degradiert.

Tatsächlich plant die Branchenorganisation Milch (BOM), in der sich von den Produzenten bis Nestlé und Coop die gesamte Kette der Milchproduktion zusammenschliesst, laut einer Mitteilung «den Einzug der neuen Milchzulage». 80 Prozent des Geldes sollen an Exporteure von verarbeiteten Lebensmitteln gehen, 20 Prozent bei Überschüssen bestimmte Exportprodukte stützen.

Verarbeiter sitzen am längeren Hebel

Dies hat der Vorstand mit Stimmen von Produzentenvertretern durchgewinkt. Einer spricht gegenüber SonntagsBlick davon, dass dies ein Entscheid für die gesamte Industrie sei. Man könne nur so argumentieren, wenn man «mit dem Rücken zur Wand» stehe. Entweder alle profitieren oder niemand also.

Werner Locher (63) von der Organisation Big-M, die für faire Milchpreise kämpft, sieht die Verarbeiter am längeren Hebel: «Werden die Bauern das Geld nicht herausrücken, werden manche Firmen mit billigem Milchpulver aus dem Ausland produzieren.» Er bezieht sich etwa auf Toblerone-Hersteller Mondelez, der erwägt, bei zu hohen Kosten gar keine Schweizer Rohstoffe mehr zu nutzen. «Entsprechende Ankündigungen sind nicht anders als eine Drohung zu verstehen!», so Locher.

Beim Milchpreis droht Preissturz

BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler (51) hält dagegen: Vielmehr hätten Produzenten damit gedroht, bei der Delegiertenversammlung der BOM im April gegen den Vorstandsbeschluss zu stimmen. Für ihn wirbt Kohler deshalb – wie am Mittwoch in Kallnach BE. Wenn es keine Lösung gäbe, könnte der Milchpreis um bis zu 30 Rappen pro Liter sinken, erklärte er vor Milchbauern. Man solle konstruktiv miteinander umgehen und «Fingerspitzengefühl zeigen». Kohler selbst zeigte eine Folie: Toblerone-Schachteln vor Berggipfeln.

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