Die Tarife für das Schweizer Stromübertragungsnetz sinken 2019 erneut. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Nach Verkauf der Stromnetzsparte an japanischen Grosskonzern
Ex-ABB-Chef kritisiert: «Das ist Kapitalismus in Höchstform»

Der Industriekonzern ABB verkauft 80 Prozent der Stromnetzsparte an den japanischen Grosskonzern Hitachi. Der ehemalige ABB-Chef Edwin Somm verurteilt diesen Schritt aufs Schärfste.
Publiziert: 22.12.2018 um 08:00 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2018 um 11:45 Uhr
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Ex-ABB-Chef Edwin Somm kritisiert den Schweizer Industriekonzern heftig.
Foto: Keystone

Das Schweizer Industriekonzern ABB verkauft 80 Prozent seiner Stromnetzsparte an den japanischen Grosskonzern Hitachi (BLICK berichtete). Gemäss der Vereinbarung erhält ABB dafür netto 7,6 bis 7,8 Milliarden US-Dollar. Bei der Stromnetzsparte handelt es sich um den umsatzstärksten Unternehmensteil.

Der Verkauf dieses «gesunden Geschäfts» ist für Ex-ABB-Chef Edwin Somm (85) völlig unverständlich, wie er in einem Interview mit CH Media festhält: «Vor zwei Jahren war ABB der Überzeugung, dass das Geschäft zu ABB gehöre und mit den andern Bereichen viel Synergien habe. Die ABB-Führung hat nun nicht wirklich erklärt, was jetzt anders sein soll.»

Nettoerlös geht an Aktionäre

Für den ehemaligen Geschäftsführer und Verwaltungsrat klingt es, als wäre ABB nicht mehr imstande, diese wichtige Sparte zu führen: «Der Treiber für den Verkauf ist nicht der Markt, sondern der Zweifel am eigenen Können.» Der Schritt schädige das Vertrauen der Kunden und Mitarbeitenden.

Doch nicht nur der unternehmerische Entscheid an und für sich kritisiert Somm. Vor allem aber, dass der gesamte Nettoerlös aus dem Verkauf an die Aktionäre ausgeschüttet werden soll. «Das ist Kapitalismus in Höchstform!», wettert er.

Kommunikation kurz vor Weihnachten

Es zeige, dass eine Strategie fehlt, wie das Kapital unternehmerisch eingesetzt werden sollte. Statt den Aktionären das Geld in die Taschen zu schieben, müsste vielmehr ein substanzieller Teil in Forschung und Entwicklung und in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden investiert werden.

Grosse Kritik übt der ehemalige ABB-Funktionär auch am Zeitpunkt der Kommunikation: «Jetzt hat man drei Jahre an diesem Thema gearbeitet – und dann hat man keine bessere Idee, als wenige Tage vor Weihnachten Tausende von Menschen mit der Sorge um ihre Zukunft zu belasten.»

Hoffnungslüge der ABB-Spitze

Den Chefs fehle es an Menschlichkeit, findet Somm deutliche Worte. Die Aussage von ABB-Boss Ulrich Spiesshofer (54), dass der Verkauf «kein Abbau von Arbeitsplätzen» zur Folge habe, sei nichts mehr als eine Hoffnungslüge. Die Garantie der ABB-Spitze, dass es keinen Stellenabbau und keine Sitzverlegung des Stromgeschäfts gebe, seien nichtsaussagend.

Für Somm ist die Sachlage klar: ABB habe mit der Handlungsweise der Gründer gebrochen. «Diese hatten die Kraft, schwierige Phasen durchzustehen, sie waren die Besitzer und riskierten ihr eigenes Geld. Von dieser Haltung haben sich die heutigen Manager verabschiedet.» (duc)

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