Eigentlich wäre anzunehmen, dass aufgrund der zunehmenden Polarisierung in der Schweizer Politik das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in die politischen Institutionen abnimmt. Dem ist nicht so – zumindest auf den ersten Blick: Bundesrat sowie National- und Ständerat geniessen nach wie vor hohes Vertrauen in den Bevölkerung.
Auch fehlt es den Stimmberechtigten «insgesamt» nicht an Interesse an der Politik. Zu diesem Schluss kommt das aktuelle Sorgenbarometer der Credit Suisse in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut GfS Bern. 74 Prozent der Befragten geben an, dass es sie interessiert, was in Bundesbern geschieht. Nach 2017 (68 Prozent) markiert dies bereits zum zweiten Mal in Folge einen Rekordwert seit 1995.
Vertrauen versus Dauerwahlkampf
Bei den politischen Parteien sieht es hingegen düster aus: Das ihnen gegenüber ausgesprochene Vertrauen ist so tief wie letztmals 2013. «Die Kritik des Volkes ist nicht direkt an die Kerninstitutionen des demokratischen Systems des Landes gerichtet, sondern an die politischen Parteien», sagt Co-Leiter Lukas Golder beim GfS Bern.
Der permanente Wahlkampf der Parteien habe bei einem grossen Teil der Bevölkerung zu Verdruss geführt. «Nicht Lösungen stehen im Vordergrund», sagt Golder. Vielmehr spiele der Machterhalt der Parteien eine zentrale Rolle. Gerade bei den Sozialversicherungen und den stetig steigenden Gesundheitskosten, den Hauptsorgen der Nation, sei es den Parteien nicht gelungen, tragfähige Lösungen zu finden.
Leere Versprechungen laufen ins Leere
Golder spricht von einem Paradox: «Auch im Wahljahr 2019 werden jene Parteien ihren Wähleranteil ausbauen, die den härteren, den lauteren Wahlkampf führen.» Doch ein gesundes Vertrauensverhältnis zwischen Stimmberechtigten und Parteien könne nur dann entstehen, wenn auch bei den grossen Herausforderungen über das Wahljahr hinaus machbare Lösungen erarbeitet werden. «Die Schweizer Bevölkerung goutiert leere Versprechungen nicht», so Golder.
Am meisten Vertrauen geniessen laut dem Sorgenbarometer Bundesgericht und Polizei, gefolgt von der Schweizerischen Nationalbank und der Armee. Was kaum erstaunt: Das Vertrauen in die Europäische Union hingegen ist deutlich eingebrochen.