Kunden zwingen Geschäfte zur Black-Friday-Manie
Die Schweiz sieht schwarz

Händler melden Rekordumsätze nach dem Black Friday. Sie zahlen aber einen hohen Preis.
Publiziert: 26.11.2017 um 11:59 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2018 um 15:11 Uhr
Schnäppchenjäger am Black Friday in der Basler Innenstadt.
Foto: STEFAN BOHRER
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Moritz Kaufmann

Wer in die Tropen fährt, kriegt vom Arzt eine Spritze gegen Gelbfieber. Gegen das Schwarzfieber, das in der Schweiz grassiert, gibt es keine Impfung. Der Black Friday ist ein aus den USA importierter Tag, an dem Läden Rabatte gewähren und das Weihnachtsgeschäft einläuten.

In der Schlacht um den besten Deal überboten sich die Händler heuer mit Spezialangeboten. Mit ihren Halbtax-Abos zum halben Preis gelang Coop-Tochter Interdiscount ein Coup. «In der Filiale Zürich-Sihlstrasse standen die Menschen deswegen Schlange, ähnlich einem iPhone-Launch bei Apple», so Interdiscount-Sprecher Martin Koncilja. Unter dem Ansturm brach die Webseite zusammen und war stundenlang nicht funktionstüchtig. Trotzdem meldet Interdiscount: Umsatzverdoppelung im Vergleich zum letzten Black Friday!

Black Friday kam erst vor zwei Jahren in die Schweiz

Ähnlich das Bild beim zur Migros gehörenden Onlineshop Digitec-Galaxus: «Obwohl unsere Webseiten zeitweise überlastet waren, hatten wir bis zum Mittag 40 Prozent mehr Zugriffe auf Digitec und Galaxus als am Black Friday vor einem Jahr.» Auch der Onlinestore Siroop, ein Joint Venture von Coop und Swisscom, frohlockt. «Bereits um acht Uhr morgens konnte der gesamte Umsatz vom letztjährigen Black Friday übertroffen werden.»

Noch vor zwei Jahren war der Black Friday in der Schweiz ein Fremdwort. Dann fing Manor an, offensiv damit zu werben. Dieses Jahr nutzte die Basler Warenhauskette den Black Friday, um die eigene Kundenkarte unter die Leute zu bringen – viele Angebote waren für Karteninhaber reserviert. Auch hier offenbar mit Erfolg. «Manor konnte die Millionenmarke bei der Anzahl Kundenkarten knacken», so ein Sprecher zu SonntagsBlick.

In der Schweiz sorgte Manor dafür, dass der Black Friday bekannt wurde.
Foto: STEFAN BOHRER

Herdentrieb der Händler

Tatsächlich sind es die Kunden, die Geschäfte in die Rabattschlacht zwingen. «Wenn einer oder zwei damit anfangen, können die anderen fast gar nicht anders als mitmachen. Das ist der Herdentrieb der Händler», sagt Patrick Kessler (49), Geschäftsführer des Verbands des Schweizerischen Versandhandels (VSV). Das passt zur Erfahrung, die die Kette M-Electronics gemacht hat. Es ist eines jener Geschäfte, die erst dieses Jahr auf den schwarzen Zug aufgesprungen sind: «Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass der Black Friday bei unseren Kunden sehr beliebt ist.»

Doch auch wenn die Detailhändler jubeln: Experten zweifeln an der Nachhaltigkeit. Thomas Hochreutener (63), Direktor des Marktforschungsunternehmens GFK und Herausgeber der Branchenbibel Detailhandel Schweiz, sagt: «Kurzfristig geht das auf. Auf lange Frist eher nicht.» Die Kunden würden sich an die Rabatte gewöhnen. «Die Spirale dreht sich weiter. Das geht nicht mehr lange gut.»

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