Jean-Claude Juncker will Osterweiterung der Währungsunion
Hat die EU nichts gelernt aus der Griechenland-Krise?

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will den Euro auf alle Länder der Union ausweiten. Experten erklären, weshalb er damit scheitern wird.
Publiziert: 14.09.2017 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:56 Uhr
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will für die EU eine engere Zusammenarbeit.
Foto: MATHIEU CUGNOT / EUROPEAN PARLIAMENT HANDOUT
Bastian Heiniger

Die Europäische Union soll enger zusammenrücken. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (62) fordert vor dem EU-Parlament: Der Euro müsse auf alle EU-Länder ausgeweitet werden. Er sei dazu bestimmt, «die einheitliche Währung der EU als Ganzes zu sein.»

Juncker will ein Euro-Beitritts-Instrument schaffen – es soll den Staaten technische und finanzielle Hilfe bieten, um den Euro einzuführen. Die Forderung ist pikant: Von 28 EU-Staaten wird heute lediglich in 19 mit dem Euro bezahlt. Neben Schweden und Dänemark würden neu Ostländer wie Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn zum Euro-Land werden.

Länder, die eben nicht alle fit sind für die Einheitswährung. Das weckt Erinnerungen: Seit 2010 musste die EU schon drei Rettungspakete schnüren, um Griechenland vor dem Bankrott zu bewahren, fast 250 Milliarden Euro sind geflossen. Hat die EU aus der Griechenland-Krise nichts gelernt? 

Juncker wolle damit visionär wirken

Martin Neff, Chefökonom Raiffeisenbank.
Foto: zVg

Das sieht zumindest Martin Neff (57) so: «Der Euroraum wird nicht stabiler, nur weil man ihn ausweitet», sagt der Chefökonom der Raiffeisenbank zu BLICK. Im Gegenteil: Die Forderung sei eine Flucht nach vorne, um vor eigenen Problemen abzulenken. «Denn die meisten EU-Länder sind noch immer hoch verschuldet.»

Neff sieht Junckers Äusserung als ein rein politisches Statement: Er wolle sein letztes Jahr als Kommissionspräsident mit einem markigen Ende abschliessen und visionär wirken. Dass die Ostländer in den nächsten Jahren den Euro übernehmen, glaubt Neff derzeit nicht. «Allerdings ist in der EU zuletzt vieles passiert, was man für unrealistisch hielt.»

Als unrealistisch bezeichnet die Juncker-Pläne Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann (51) von der Universität Zürich. «Der Euro ist noch nicht so stabil, wie er für einen solchen Schritt sein müsste», sagt er.

Gefährlich wäre eine Bankenkrise

Tobias Straumann, Wirtschaftshistoriker.
Foto: Sabine Wunderlin

Straumann glaubt auch nicht, dass der Euro für die Ostländer attraktiv ist. Das Problem: Sie würden in ein enges Korsett geschnürt. «Sobald ein Staat zur Eurozone gehört, kann er keine eigene Geld- und Währungspolitik mehr durchführen – und verliert damit ein wichtiges Mittel, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.»

Da ein Land mit der Übernahme des Euros seine Zentralbank aufgeben muss, könnte eine Bankenkrise gefährlich werden. Gerade für ein wirtschaftlich schwaches Land. «Die EZB kann nicht so stark einschreiten, wie es in der Finanzkrise die Schweizer Nationalbank getan hat.»

Einig sind sich die Experten auch, dass Junckers Einfluss zu klein ist, um das durchzusetzen. Entscheidend wird vielmehr Bundeskanzlerin Angela Merkel (63) sein. Und die hat weniger weitreichende Reformen im Kopf.

Schengen für alle

Damit die EU zusammenrückt, will Jean-Claude Juncker auch die Schengenzone erweitern. Aktuell gehören von den 28 EU-Staaten nur 22 dem Schengenraum an – zusammen mit der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island. Neu sollen auch Rumänien und Bulgarien dem Schengenraum angehören und Kroatien Schengen-Mitglied werden.

Damit die EU zusammenrückt, will Jean-Claude Juncker auch die Schengenzone erweitern. Aktuell gehören von den 28 EU-Staaten nur 22 dem Schengenraum an – zusammen mit der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island. Neu sollen auch Rumänien und Bulgarien dem Schengenraum angehören und Kroatien Schengen-Mitglied werden.

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