Forscher wehrt sich
Martullo hat Studie falsch verstanden

SVP-Nationalrätin und Ems-CEO Magdalena Martullo findet: Die Schweiz hat ein Regulierungsproblem. Als Beweis dient die Studie eines Weltbank-Ökonomen. Der allerdings ist anderer Meinung.
Publiziert: 14.02.2016 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:24 Uhr
Vinzenz Greiner
Will Regulierungen herunterfahren: Ems-CEO Magdalena Martullo.
Foto: KEYSTONE/Ennio Leanza

Für Blocher-Tochter Magdalena Martullo (46) ist die Schweiz eine Zettelwirtschaft. «Haben wir ein Regulierungsprob­em?», fragte die Ems-Chemie-Chefin vor zehn Tagen an der Jahreskonferenz ihres Konzerns – und gab die Antwort gleich selbst: «Jawohl, wir haben eines!» Ohne eine Einigung mit dem Kanton Graubünden, hätte die kom­plexe Brandschutzverordnung das Unternehmen zu einer Investition im Ausland gezwungen, erklärte Martullo.

Im Blätterwald zwischen Beflaggungsverordnung, über 4000 Seiten Bundes-Umweltrecht und Konsumentenschutz gibt es laut Martullo kaum Platz zum Wirtschaften. Die Schweiz verliere durch das Ringen mit ­bürokratischen Vorgaben auch Interessenten von ausserhalb des Landes. «Als ausländische Firma würde ich diesen Kampf nicht führen», sagte Martullo.

Als Kronzeugen präsentierte sie an dem Tag das Ergebnis der «Doing Business»-Studie der Weltbank-Gruppe. In 25 Ländern ist es demnach einfacher, Geschäfte zu machen, als in der Schweiz. «Wir brauchen eine Deregulierung!», folgert Martullo.

Allein, der Co-Autor der Studie ist anderer Meinung. «Wir haben es gar nicht auf Deregulierung abgesehen! Wir sind nur für klare Regeln und Effizienz», sagt der Ökonom Adrian Gonzalez (42) zu BLICK.

Laut Adrian Gonzalez, hat die Schweiz «viele Plusse», die seine Studie «Doing Business» nicht misst. Der Ökonom will statt weniger, klare Regeln.
Foto: ZVG

Sein Bericht beleuchtet zehn Bereiche – zum Beispiel, wie leicht man einen Stromanschluss oder Kredite bekommt und wie viele Schritte man gehen muss, bis das eigene Unternehmen angemeldet ist. Dass die Schweizer nicht die schnellsten seien, liege auch am System von Kontrolle – «Checks and ­Balances», erklärt Gonzalez.

«Korruption, Infrastruktur oder die politische Stabilität deckt der Bericht nicht ab», erklärt Gonzalez. Man könne beispielsweise nicht daraus ablesen, ob es im jeweiligen Land Rechtssicherheit oder Arbeitnehmerschutz gebe. So rangieren mit Georgien und Maze­donien Länder vor der Schweiz, die in Korruptions-Rankings und Rechtssicherheit abgeschlagen sind. Dies spart Ems-Chefin Martullo aber aus.

Zwar benötigt laut Gonzalez eine ­Firmengründung in der Schweiz zehn Tage und damit 1,7 Tage mehr als der Durchschnitt. Die Schweiz habe aber «viele ­Pluspunkte, die wir nicht messen». Vor allem: ­Sicherheit.

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Leben würde sie dort nicht

Auf so etwas springt Magdalena Martullo-Blocher an: Da zeigt eine Weltbank-Studie, dass man in anderen Ländern einige Tage weniger lang braucht, um eine Firma zu gründen. Was zieht die Ems-Chefin und neue SVPNationalrätin daraus für einen Schluss? Bei uns herrsche zu viel Bürokratie – weg damit!

Es ist kein Zufall, dass die Frau, die einst China das Land mit der «fähigsten Regierung» nannte, übersieht, dass auf der Weltbank-Liste vor der Schweiz Länder liegen wie Georgien oder Mazedonien: korrupte Länder. In denen will Martullo nicht leben, nur mit ihnen geschäften. Das sollte ihr zu denken geben – bevor sie sich wünscht, dass die liberale Schweiz sich an korrupte Vorbilder hält.

Thomas Ley, Blattmacher
Thomas Ley, Blattmacher

Auf so etwas springt Magdalena Martullo-Blocher an: Da zeigt eine Weltbank-Studie, dass man in anderen Ländern einige Tage weniger lang braucht, um eine Firma zu gründen. Was zieht die Ems-Chefin und neue SVPNationalrätin daraus für einen Schluss? Bei uns herrsche zu viel Bürokratie – weg damit!

Es ist kein Zufall, dass die Frau, die einst China das Land mit der «fähigsten Regierung» nannte, übersieht, dass auf der Weltbank-Liste vor der Schweiz Länder liegen wie Georgien oder Mazedonien: korrupte Länder. In denen will Martullo nicht leben, nur mit ihnen geschäften. Das sollte ihr zu denken geben – bevor sie sich wünscht, dass die liberale Schweiz sich an korrupte Vorbilder hält.

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