Estland-Experte rät der Schweiz zur elektronischen Identität
«Machts wie Facebook!»

Mark Erlich ist E-Identitäts-Spezialist aus Estland. Der Schweiz will er die elektronische Identität schmackhaft machen.
Publiziert: 31.12.2017 um 00:54 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:25 Uhr
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Mit der smart ID card ist digitales Ausweisen und Unterschreiben möglich.
Moritz Kaufmann

Das nächste Jahr wird das Jahr der elektronischen Identität. Was viele Länder bereits kennen, soll nun auch die Schweiz bekommen: Den persönlichen Schlüssel zum Internet, einen einzigen Zugang für unterschiedlichste Dienste wie E-Banking, Online-Shopping oder die Steuererklärung am Computer.

Hinter den Kulissen werkeln Post, SBB und Swisscom mit UBS, Credit Suisse, Zürcher Kantonalbank, Raiffeisen, Six und Mobi­liar an einer praktikablen Lösung.

Nur: Wird sich das Produkt in der Schweiz durchsetzen? Die Schweizer Bevölkerung gilt in Sachen Datenschutz als penibel.Der biometrische Pass, auf dem persönliche Daten abgespeichert werden, wurde vom Stimmvolk 2009 nur hauchdünn akzeptiert.

Facebook als Datenkrake bekannt

SonntagsBlick hat beim Pionierland Estland nachgefragt: Worauf kommt es bei der elektronischen Identität E-ID-an? Welche Fehler darf man auf keinen Fall machen?

Mark Erlich, E-Identitäts-Guru aus dem baltischen Kleinstaat: «Nehmt euch ein Beispiel an Facebook!» Der US-Internet-Gigant ist als Datenkrake bekannt. Und doch benutzt ein Drittel der Menschheit die Plattform: «Weil die Vorteile die Nachteile überwiegen», so Erlich. In Estland funktioniert das so: Wer bei der Steuererklärung auf die E-Identität setzt, hat wenige Tage später seine definitive Abrechnung im Briefkasten. Wer darauf verzichtet, muss mehrere Monate warten. Die estnischen Banken gehen sogar noch einen Schritt weiter: Kunden, die sich nicht mit der E-Identität anmelden, dürfen nur noch 200 Euro pro Tag überweisen. E-Banking mit der E-Identität hat kein solches Limit.

Einfacheres Leben durch E-ID

Markus Naef (48), Chef des Joint Ventures Swiss Sign, damit Verantwortlicher für die E-ID, räumt ein: «Solche Anreize sind geplant. Das Leben eines Swiss-ID-Nutzers soll sich sehr einfach gestalten.» Um auf die notwendige Mindestanzahl von Anwendern zu kommen, behalf sich Estland mit einem einfachen Trick: Die digitale ID wurde auf einen Chip der physischen Identitätskarte gespeichert. Und schon nach drei Jahren nutzten 80 Prozent aller Esten die digitale ID.

Mit der Karte kann man sich heute über einen Adapter am Computer beispielsweise fürs E-Banking anmelden. Ein Schritt, auf den Naef verzichten will: «SwissID ist eine rein digitale Lösung – und wir sehen bewusst von zusätzlicher Hardware ab.»

Der wichtigste Tipp aus dem E-Identitäts-Pionierland? Geduld! «In Estland braucht es fünf Jahre, bis die Leute die Technologie nutzten», sagt Mark Erlich, und: «Es ist ein grosser Schritt für die Gesellschaft. So etwas geht nicht innert kurzer Zeit.»

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