Die 10 wichtigsten Fragen zum Börsenrekord
Jetzt Aktien kaufen oder verkaufen?

Die Börsenrekorde purzeln. Lohnt es sich, jetzt noch einzusteigen? Und was hat der Bitcoin-Boom damit zu tun? BLICK hat Thomas Stucki (54), Investment-Chef der St. Galler Kantonalbank, gefragt.
Publiziert: 06.01.2018 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:55 Uhr
Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank.
Foto: Daniel Ammann
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Konrad Staehelin

BLICK: Der US-Leitindex Dow Jones hat die 25’000-Punkte-Marke geknackt, der Schweizer SMI erreichte gestern zwischenzeitlich mit 9558 Punkten den höchsten Stand aller Zeiten. Warum der Boom?
Thomas
Stucki: Die Weltwirtschaft erholt sich jetzt erst richtig von der Finanzkrise vor 10 Jahren. Die Anleger trauen den Firmen fette Gewinne zu, darum die hohen Aktienkurse.

Der SMI hat 2017 um 13 Prozent zugelegt. Sollen Kleinanleger jetzt noch Aktien kaufen?
Wenn sie ihr Geld auf dem Sparkonto oder unter Matratze lassen, verdienen sie nichts damit. Der grösste Kurssprung ist zwar vorbei, aber wir erwarten auch für 2018 noch eine Rendite von fünf Prozent.

Sollte man nicht warten, bis die Kurse wieder nachgeben und erst dann einsteigen?
Den richtigen Moment gleich nach dem grossen Absturz erwischt man sowieso nie. Zudem haben wir keine Blase. Vor dem Dotcom-Crash 2000 oder der Finanzkrise vor zehn Jahren kam das Wachstum aus jeweils einem Sektor, der Internet- beziehungsweise der Bankenbranche. Das Wachstum jetzt ist ausgeglichener.

Irgendwann muss es doch wieder bergab gehen.
Ja, irgendwann kommt wieder eine Rezession. Das passiert nicht dieses Jahr, aber vielleicht im nächsten. Das ist eine normale Abschwächung.

Welche Anlagen versprechen Gewinne?
Wer etwas verdienen will, muss Risiken eingehen. Obligationen bringen insbesondere im Schweizer Tiefzinsumfeld nichts. Das heisst, man braucht Aktien, wenn auch nicht ausschliesslich. 

Welche Aktien?
Ich würde mich auf Tanker wie Nestlé konzentrieren, die auch bei einer schlechten Wirtschaftslage noch Dividenden zahlen werden. Das ist ein Zeichen von Stabilität – und garantiert auf lange Sicht auch Kursgewinne. 

Welche Firmen würden Sie neben den Supertankern empfehlen?
Sonova Hörgeräte in Stäfa ZH. Die haben immer viele neue, innovative Produkte in der Pipeline. Und Valora, die Brezelkönig oder K Kiosk besitzt: Wenn man sieht, wie viele Leute an den Bahnhöfen mittlerweile ihr Essen kaufen – denen kann es nur gut gehen.

Was halten Sie vom Tipp, sein Kapital gestaffelt anzulegen, damit man nicht zum absoluten Höhepunkt investiert, sondern einen Durchschnittskurs erreicht?
Es macht mehr Sinn, sich über ein sinnvolles Gesamtportfolio Gedanken zu machen und alles zusammen zu investieren.

Von welchen Anlagen raten Sie ab?
Es melden sich in den letzten Monaten vermehrt Kunden bei uns, die auf seltsame Angebote gestossen sind: Diese versprechen eine hohe Rendite bei null Risiko, meist sind es Obligationen von kleinen, unbekannten Firmen. Solche Angebote sind ein Kind der guten Börsenlage, aber hochriskant und unseriös.

Alle sprechen von Kryptowährungen wie Bitcoin, deren Kurse ebenfalls Rekorde brechen. Beeinflusst das die Börse – oder umgekehrt?
Nein, Kryptowährungen haben kein Fundament. Der Markt ist verglichen mit der Weltwirtschaft winzig. Das ist eine Randerscheinung, die bald wieder verschwinden wird. Wir raten allen, die Hände davon zu lassen. 

In den USA wird sich Trump mit der guten Entwicklung brüsten. Wie gross ist sein Verdienst?
Trump hat zur laufenden US-Wirtschaft nicht viel beigetragen. Wichtig waren die tiefen Zinsen der Zentralbank. Dank ihnen wurde viel investiert.

Wie wird es der Schweiz 2018 gehen? 
Wir exportieren viel. Wenn es den Nachbarländern gut geht, geht es der Schweiz gut. Das hat wenig damit zu tun, dass der Franken sich abgeschwächt hat – dieser wird wieder stärker werden. Sobald die Börsen in Europa nicht mehr boomen, wird das passieren. Unsere Wirtschaft wird damit umgehen können.

Die EU ist im Moment stabil, aber das könnte sich schnell ändern. 
Dass Deutschland keine Regierung hat, ist für die Wirtschaft in den nächsten paar Monaten kein Problem. Dagegen sind die Wahlen in Italien unberechenbar. Aber Italien ist für die europäische Wirtschaft auch nicht wirklich entscheidend.

Welchen Einfluss hat eigentlich eine Fussball-WM auf die Wirtschaft?
Keinen. Wer sich im Juni wegen der WM kein neues Auto kauft, kauft es halt im Juli. Es freuen sich höchstens die Bier- und Chips-Produzenten. 

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