Es geht uns immer noch gut – und trotzdem hat sich im Sorgenbarometer 2018 der Credit Suisse eine diffuse Angst eingeschlichen, die Angst vor dem Abstieg, die Angst davor, dass die Kinder wohlstandsmässig nicht mehr zwingend an das Niveau der Elterngeneration anschliessen können. «Mit dieser Angst vor dem Abstieg sind die Schweizer nicht alleine, so empfinden viele Menschen in Europa», sagt Cloé Jans (32), Projektleiterin Sorgenbarometer beim Forschungsinstitut GfS Bern, das die Studie im Auftrag der CS erstellt hat.
Diese Angst erschliesst sich aus dem Sorgenbarometer nicht auf den ersten Blick. Obenauf schwingen die Sorgen um die Rente und die Gesundheit. Die Fragen rund um die Finanzierbarkeit des Lebens im Alter und der Krankenkasse beschäftigen die Schweizer stark, hier erwarten sie endlich Lösungen von der Politik.
Sorge um Jobverlust schwindet
In der Schweiz läuft die Wirtschaft gut, der Sorgendauerbrenner Arbeitslosigkeit rutscht im Barometer nach hinten, ist gerade noch für einen Fünftel der Befragten ein Grund zur Sorge. Das war letztes Jahr noch ganz anders: 2017 stand der Jobverlust noch ein zweiter Stelle des Sorgenbarometers, fast die Hälfte der Schweizer fürchtete um ihre Stelle.
Dass die Wirtschaft brummt, ist für immer weniger Schweizer wirklich ein Trost. Denn sie spüren, dass die Ungleichheit in ihrem Land seit den Nullerjahren stark angestiegen ist, wie selbst die CS schreibt. Das heisst, vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren nicht alle gleich. «Immer mehr Menschen stellen sich die Frage: Was kann die Wirtschaft für mich, für den Einzelnen tun?», stellt Jans fest.
Das Geld wird knapp
Diese Frage spiegelt sich in zwei Sorgen wider, die in den Top Ten dieses Jahr deutlich an Bedeutung gewonnen haben: Die Angst um die Löhne stieg von 6 auf 15 Prozent und die Angst vor einer «neuen Armut» von 16 auf 18 Prozent. Dass Armut in der Schweiz zu einem grossen Thema werden könnte, diese Befürchtung hält sich seit Jahren hartnäckig in den vordersten Rängen der Sorgenstatistik.
Denn für viele Menschen in der Schweiz wird es finanziell immer enger: Sie haben zwar einen Job, aber der Lohn reicht oftmals nur knapp, um das teure Leben in der Schweiz ohne Sorgen zu finanzieren. Die Wirtschaft wächst, die Löhne real aber nicht. Die Angst, dass es bald nicht mehr reichen könnte, beschäftigt je länger, je mehr Menschen in der eigentlich reichen Schweiz!
Altersarmut – der grosse Schrecken für viele Schweizer. Das zeigt das gestern veröffentlichte Sorgenbarometer der Credit Suisse.
Nach dem Nein zur Rentenreform steht jedoch in den Sternen, wie die AHV genau saniert und die berufliche Vorsorge nachhaltig geregelt wird. Die Rentenpolitik dreht momentan im Leerlauf. Gemäss Informationen von BLICK will der zuständige Bundesrat Alain Berset (45) aber noch vor Weihnachten eine erste Auslegeordnung auf den Tisch legen.
«Der Bundesrat muss jetzt mit der Vorlage kommen», fordert Nationalrätin und FDP-Präsidentin Petra Gössi (41). Sie hofft, dass Berset auf die Gemeinsamkeiten setzt, die sich am ersten runden Tisch nach der Volksabstimmung zeigten. Und nicht auf die Differenzen, die der SP-Bundesrat vor den Medien breitgewalzt habe.
«Für die FDP ist klar, dass es eine Lösung mit einem breit getragenen Kompromiss braucht», sagt Gössi. Sie macht damit klar, dass sie erwartet, dass sich auch die Verlierer – sprich Sozialdemokraten und Gewerkschaften – einbringen und nicht auf Totalopposition stellen.
Doch die Linke lässt sich von Gössi nicht aus der Ruhe bringen. Die Sorgen der Bevölkerung wegen der AHV seien real und ernst zu nehmen, betont Paul Rechsteiner (65). Aber der St. Galler SP-Ständerat sagt auch: «Eine neue Reform wird Zeit brauchen.»
Dieser Meinung ist auch CVP-Ständerat Konrad Graber (59, LU): «Immerhin wird der Bundesrat, wie nach dem Nein zur Unternehmenssteuerreform III auch, sehr schnell neue Eckwerte vorlegen. Er will das Heft auf keinen Fall aus der Hand geben.»
Graber, sozialpolitischer Wortführer bei der CVP, kennt auch die Schnittmenge der bürgerlichen Politiker: der Konsens für das AHV-Alter 65 für Frauen und die Mehrwertsteuererhöhung. Aber Graber warnt auch: «Damit hat die Einigkeit auch schon ein Ende, der Teufel liegt im Detail.»
Er rechne nicht mehr in dieser Legislatur mit einer nachhaltigen Lösung beziehungsweise einer Volksabstimmung. Obwohl die rechtsbürgerlichen Abstimmungssieger genau das in Aussicht gestellt haben – und obwohl Graber und seine CVP es weiterhin fordern wollen.
Andrea Willimann
Altersarmut – der grosse Schrecken für viele Schweizer. Das zeigt das gestern veröffentlichte Sorgenbarometer der Credit Suisse.
Nach dem Nein zur Rentenreform steht jedoch in den Sternen, wie die AHV genau saniert und die berufliche Vorsorge nachhaltig geregelt wird. Die Rentenpolitik dreht momentan im Leerlauf. Gemäss Informationen von BLICK will der zuständige Bundesrat Alain Berset (45) aber noch vor Weihnachten eine erste Auslegeordnung auf den Tisch legen.
«Der Bundesrat muss jetzt mit der Vorlage kommen», fordert Nationalrätin und FDP-Präsidentin Petra Gössi (41). Sie hofft, dass Berset auf die Gemeinsamkeiten setzt, die sich am ersten runden Tisch nach der Volksabstimmung zeigten. Und nicht auf die Differenzen, die der SP-Bundesrat vor den Medien breitgewalzt habe.
«Für die FDP ist klar, dass es eine Lösung mit einem breit getragenen Kompromiss braucht», sagt Gössi. Sie macht damit klar, dass sie erwartet, dass sich auch die Verlierer – sprich Sozialdemokraten und Gewerkschaften – einbringen und nicht auf Totalopposition stellen.
Doch die Linke lässt sich von Gössi nicht aus der Ruhe bringen. Die Sorgen der Bevölkerung wegen der AHV seien real und ernst zu nehmen, betont Paul Rechsteiner (65). Aber der St. Galler SP-Ständerat sagt auch: «Eine neue Reform wird Zeit brauchen.»
Dieser Meinung ist auch CVP-Ständerat Konrad Graber (59, LU): «Immerhin wird der Bundesrat, wie nach dem Nein zur Unternehmenssteuerreform III auch, sehr schnell neue Eckwerte vorlegen. Er will das Heft auf keinen Fall aus der Hand geben.»
Graber, sozialpolitischer Wortführer bei der CVP, kennt auch die Schnittmenge der bürgerlichen Politiker: der Konsens für das AHV-Alter 65 für Frauen und die Mehrwertsteuererhöhung. Aber Graber warnt auch: «Damit hat die Einigkeit auch schon ein Ende, der Teufel liegt im Detail.»
Er rechne nicht mehr in dieser Legislatur mit einer nachhaltigen Lösung beziehungsweise einer Volksabstimmung. Obwohl die rechtsbürgerlichen Abstimmungssieger genau das in Aussicht gestellt haben – und obwohl Graber und seine CVP es weiterhin fordern wollen.
Andrea Willimann
Ein Kommentar von BLICK-Blattmacher Thomas Ley
Es hätte alles etwas anders ausgehen können: Das Schweizer Sorgenbarometer 2017 wäre veröffentlicht worden, mit der Angst um Rente und AHV an der Spitze – aber man hätte wenigstens darauf verweisen können, dass eine Reform in Kraft tritt, welche die Altersvorsorge für eine Generation sichert.
Wir wissen, es kam anders. Die Altersreform wurde im September bachab geschickt. Das Sorgenbarometer macht nun den Scherbenhaufen komplett: Ängste wurden geschürt – und können nicht beruhigt werden. Stattdessen zeichnet sich ab, dass die Fronten noch lange verhärtet bleiben. Ein neuer Kompromiss ist in weite Ferne gerückt. Doch die Politiker, vor allem in jenen Parteien, welche die Vorlage bodigten, scheint das kaum zu beunruhigen.
Immerhin ist das Ergebnis des Sorgenbarometers auch eine Chance. Das Bewusstsein weiter Bevölkerungskreise ist erwacht. Auch für die Tatsache, dass es mit einer Sanierung des Rentenwesens nicht getan ist. Sondern dass auch das Thema Pflege und Pflegeversicherung auf den Tisch gehört. Wer das weiterhin ignoriert, der muss sich wirklich Sorgen machen.
Ein Kommentar von BLICK-Blattmacher Thomas Ley
Es hätte alles etwas anders ausgehen können: Das Schweizer Sorgenbarometer 2017 wäre veröffentlicht worden, mit der Angst um Rente und AHV an der Spitze – aber man hätte wenigstens darauf verweisen können, dass eine Reform in Kraft tritt, welche die Altersvorsorge für eine Generation sichert.
Wir wissen, es kam anders. Die Altersreform wurde im September bachab geschickt. Das Sorgenbarometer macht nun den Scherbenhaufen komplett: Ängste wurden geschürt – und können nicht beruhigt werden. Stattdessen zeichnet sich ab, dass die Fronten noch lange verhärtet bleiben. Ein neuer Kompromiss ist in weite Ferne gerückt. Doch die Politiker, vor allem in jenen Parteien, welche die Vorlage bodigten, scheint das kaum zu beunruhigen.
Immerhin ist das Ergebnis des Sorgenbarometers auch eine Chance. Das Bewusstsein weiter Bevölkerungskreise ist erwacht. Auch für die Tatsache, dass es mit einer Sanierung des Rentenwesens nicht getan ist. Sondern dass auch das Thema Pflege und Pflegeversicherung auf den Tisch gehört. Wer das weiterhin ignoriert, der muss sich wirklich Sorgen machen.