SonntagsBLICK: Herr Maschmeyer, Sie sitzen in der Jury der TV-Show «Die Höhle der Löwen», die derzeit auf dem deutschen Sender Vox rekordhohe Einschaltquoten hat. Was haben Sie mit einem Löwen gemeinsam?
Carsten Maschmeyer: Ich beobachte geduldig, reagiere dann aber schnell. Wie ein Löwe bin ich auch kein Einzelgänger, sondern ein Rudeltier. Ich arbeite immer im Team.
In der TV-Show haben Sie aber keine Mitarbeiter dabei und müssen ziemlich schnell entscheiden, ob ein Unternehmen für eine Investition taugt. Schwierig für Sie?
Normalerweise analysieren meine Spezialisten und ich acht Wochen die Chancen und Potenziale eines möglichen Investments. In «Die Höhle der Löwen» muss ich innerhalb kurzer Zeit alleine entscheiden, es gibt keine Souffleusen und zugesteckte Zettelchen. Aber die Vorstellung einer Idee und der dazugehörige Frageteil dauert nicht nur eine Viertelstunde. Für die Ausstrahlung werden ein bis anderthalb Stunden Aufnahme zusammengeschnitten.
Welche Tipps gab Ihnen Ihre Gattin Veronica Ferres mit auf den Weg ins Studio?
Lass die spiessige Krawatte weg und behalte deine positive Ausstrahlung bei, auch wenn eine Idee noch nicht so ausgereift ist!
Im Vorfeld der Show gab es Kritik, dass Sie ins Jury-Team nachgerückt sind. Lässt Sie das kalt?
Wenn Sie wie ich für Finanzwirtschaft, Vertrieb und Netzwerke stehen, sind Sie die ideale Projektionsfläche für Kapitalismuskritiker. Einige wenige Anonyme schrieben sogar, dass Sie meinetwegen die Sendung wohl nicht sehen wollten. Die Rekordeinschaltquoten zeigen aber: Die Zuschauer finden offensichtlich die neue Löwenzusammensetzung sehr spannend. Es gibt glücklicherweise viel mehr Menschen, die sich für Erfolg interessieren, als Neider.
Warum investieren Sie eigentlich in Start-ups und legen Ihr Geld nicht in Gold, Aktien oder Immobilien an?
Wir leben in einer Nullzinswelt. Und da muss man sein Geld intelligenter anlegen – aus drei Gründen: Geld ohne Zins und Verstand anzulegen, macht keinen Sinn. Zweitens: Sehr viele Immobilien sind vielerorts schon sehr teuer. Zu den derzeitigen Preisen kaufe ich nicht mehr dazu. Und drittens: Geld kann besonders gut wachsen in Unternehmen, die wachsen. Ich habe gemerkt, dass Start-ups besonders meine unternehmerische Unterstützung schätzen. Ich helfe gerne, erfolgreicher zu werden.
Ein grosses Geschäft mit der Schweiz war 2007 der Verkauf Ihres umstrittenen Finanzdienstleisters AWD an die Swiss Life. Die bezeichnete den Kauf später als Fehler, musste Millionen abschreiben. Haben Sie den AWD abgestossen, weil Sie ahnten, dass es nicht mehr so laufen würde?
In der Rückschau war es ein gutes Timing vor der Finanzkrise. Aber die sah keiner kommen. Dass jetzt die Finanzdienstleister und Banken so niedrig bewertet werden, hat nichts mit Herrn Maschmeyer zu tun, sondern beispielsweise mit Preismanipulationen und Minuszinsen. Swiss Life ist sicher zufrieden, in eine kompetente Beratermannschaft und nicht in Bankaktien investiert zu haben. Schauen Sie sich nur die Aktienkurse der Bankhäuser an, die sind seitdem viel stärker gefallen.
Sie haben das Buch «Die Millionärsformel» geschrieben. Steht da auch drin, dass es Erfolg bringt, wenn man Herrn Maschmeyer mit an Bord eines Unternehmens holt?
Nein. Die Leute wissen ohnehin, dass ich Start-ups fördere und in Zukunftsideen investiere. Besonders interessant für die Leser sind Tipps zum Dazuverdienen, zur Karriere und zum Selbständigmachen.
Sie sind mittlerweile Milliardär. Was ist die «Milliardärfsformel»?
Zur Höhe meines Vermögens sage ich grundsätzlich nichts. Aber die Vorgehensweise bleibt immer gleich: Wer seine Finanzen ändern will, muss sein Finanzverhalten ändern. Reich werden beginnt im Kopf: Finanzbildung ist die beste Vermögensbildung.
Was haben Sie gemacht, als Sie Ihre erste Million verdient hatten?
Ins Geschäft gesteckt, um mit der Firma weiter zu expandieren und zu internationalisieren. Wenn wir als Menschen hart arbeiten, sollen es unsere Finanzen auch. Geld darf nicht schlafen.
Sie sind öfter in Südfrankreich und kennen Nizza gut. Wie hat sich die Stadt seit dem Anschlag verändert?
Ich wäre beinahe am Tag des Anschlags dort gewesen. Wir hatten einen Tisch in unserem Lieblingsrestaurant an der Promenade des Anglais reserviert – am 15. Juli, einen Tag nach dem Anschlag. Vor einer Woche war ich in Nizza. Es ist ein schlimmes Gefühl, all die – als Zeichen der Anteilnahme – dort hingelegten Blumen, Teddys und Briefe zu sehen. So viele unschuldige Menschen sind einfach ausradiert worden. Als ich an dem Abend essen ging, wollte es mir nicht mehr schmecken. Dann auch noch der Amokmörder in München, wo ich mittlerweile lebe. Da denkt man: Die Anschläge kommen näher.
Nachdem zwei Polizisten am Strand von Nizza eine Frau zwangen, sich auszuziehen, kommt die Diskussion um ein Burka-Verbot in der Schweiz und Deutschland wieder auf. Was halten Sie davon?
Ich bin aus guten Gründen nicht Politiker geworden. Aber als Bürger und Familienmensch habe ich das Gefühl, dass wirklich zwei Welten aufeinanderprallen. Gegensätzlicher könnte die Debatte ja kaum sein: Als Europäer ist man aufgerufen, in manchen Ländern aus Respekt gegenüber der dortigen Kultur mehr anzuziehen, während man sich bei uns aus den gleichen Gründen wünscht, dass sich manche weniger anziehen. Grundsätzlich sollten Menschen die Kultur, Werte und Traditionen der jeweils anderen respektieren.